Was für eine Karriere!
Sie liegt ausschließlich in der ersten Lebenshälfte des Künstlers. Und ihr Zenit beschränkt sich auf ganze drei Jahre!
Alles drumherum interessiert wenig. Alle konzentrieren sich auf diese drei Jahre, auf 1971 bis 1973.
Da gehörte er - als unauffälliger, solider sideman - einem Meisterensemble an, das den Kurs der Jazzgeschichte entscheidend gewendet hat, in Richtung Jazzrock (oder auch Fusion Music).
Rick Laird war der Bassist im Mahavishnu Orchestra.
1982, also zur Lebensmitte, hat er den Musikerberuf aufgegeben. Aber wegen der glorreichen drei Jahre findet man auch heute noch Interviews mit ihm im Netz. Einer seiner Standardsätze (auf Standardfragen) lautet, es sei „sehr laut“ gewesen, und vorher habe er noch nie in 19/4 gespielt. „Wie zählt man eigentlich 19/4?“ fragt er dann leutselig zurück.
Ja, wie kam denn er in dieses Quintett? Wo doch die Kollegen um ihn herum schon kleine Stars waren (und durch diese Band noch größere Stars wurden)?
Der Brite John McLaughlin, noch relativ neu in New York City, zog einfach einen alten buddy aus gemeinsamen Londoner Tagen in den Mittsechzigern heran, beispielsweise aus der kurzen gemeinsamen Zeit bei Brian Auger.
Laird aber war weder Brite noch Neuseeländer, wie gern angegeben. Er ist in Dublin geboren, zog nach der Scheidung der Eltern im Alter von 16 Jahren mit dem Vater (andere sagen mit der Mutter) nach Neuseeland und wechselte dort, beeindruckt von einer Aufnahme Ray Brown´s mit Oscar Peterson, von der Gitarre zum Kontrabass.
An diesem blieb er standhaft stehen (auch gegen den Willen von Brian Auger), immerhin hatte er damit zwischen 1962 und 1964 als Hausbassist im Ronnie Scott´s Club in London gewirkt. Einen solchen Posten gibt´s heute nicht mehr, aber damals hieß das: alle durchreisenden Amerikaner begleiten.
Einer erwies sich als besonders widerspenstig: der Schlagzeuger Buddy Rich. Eineinhalb Jahre in seinem Orchestra passierte Laird wie durch eine Drehtür, immer mal wieder raus und wieder rein.
1966 ist er auf Sonny Rollin´s Filmmusik zu „Alfie“ zu hören. 1968 wechselt er zur Baßgitarre, kurz vorher hatte er sich u.a für Kontrabaß an der Berklee School of Music in Boston eingeschrieben.
Dann folgt das Mahavishnu Orchestra, das im Dezember 1973 im Streit auseinandergeht. Auf dem letzten Album „The Lost Trident Sessions“ (1999 nachgereicht) kann er ein Stück unterbringen („Steppings Tones“), das 1974 seine Bandkollegen Jan Hammer & Jerry Goodman in einer bezaubernden Variante auf ihrem Album „Like Children“ interpretieren.
1977 veröffentlicht Laird sein einziges eigenes Album „Soft Focus“, u.a. mit Joe Henderson. Er begleitet Stan Getz auf einer Europa-Tournee, ersetzt - gleichfalls on tour - Stanley Clarke bei Chick Corea, soll auch an der Seite von Jeff Beck gehört worden sein.
Er schreibt zwei Baß-Schulen. 1982 gibt er das Baßspielen auf und widmet sich vollständig einer schon lange gehegten Passion: dem Fotografieren.
Als Richard Laird.
Ende Januar 2021 gibt seine Tochter Sophie Rose ein buchstäblich letztes Lebenszeichen:
ihr Vater ist unheilbar an Lungenkrebs erkrankt, sie bittet darum, ihm seine letzten Tage im Hospiz mit Zeugnissen aus der Vergangenheit aufzuhellen.
Richard Quentin Laird, geboren am 5. Februar 1941 in Dublin, ist am 4. Juli 2021 verstorben.
Er wurde 80 Jahre alt.
PS: Rick Laird im Victor Feldman Trio, 1965 (BBC)
erstellt: 05.07.21
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