Im Zentrum des Hurrikans - wir erinnern uns an das Paradox vage aus dem Erdkundeunterricht - herrscht Stille.
Man ist geneigt, dieses Phänomen in einem - selbstverständlich abwegigen Vergleich - auf Frankfurt am Main zu übertragen, das Zentrum des Wirkens der Gebrüder Mangelsdorff.
Obwohl der Fußabdruck der beiden in der Jazzgeschichte ungleich ist, unterliegen gewisse Instanzen in Mainhattan der Verwechslungsgefahr.
Jüngst spricht die FAZ (online, 21.01.22) in einem Nachruf auf Emil von Aktivitäten „gemeinsam mit seinem älteren Bruder Albert…“.
Und korrigiert einen Tag später.
Denn es war bekanntlich der ältere, Emil, der in dem später berühmteren, Albert, die Jazzbegeisterung überhaupt erst geweckt hat.
Gravierender und sicher legendär die Verwechslung der beiden durch die seinerzeitige Oberbürgermeisterin Petra Roth bei einem Festkonzert zum 70. Geburtstag von Albert im September 1998 in der Alten Oper.
Albert steht neben der Laudatorin, sein Instrument, die Posaune, spielbereit im Arm, und er erträgt stoisch das wiederholte Scheitern der obersten Repräsen-tantin der Stadt - bei zunehmendem Raunen des vollbesetzten Hauses - an zwei Klippen in ihrem Manuskript: sie spricht ihm, völlig korrekt, große Verdienste zu - aber auf dem falschen Instrument. Zweimal.
Auch Wohlmeinende, die von der echten Wertschätzung der Politikerin für den Künstler berichten, die ihn mehrfach live erlebt habe, sogar in New York, und auch dort nie und nimmer auf dem Altsaxophon, sie sind irritiert.
Der weiteren Karriere der Oberbürgermeisterin, wie auch?, hat dieser Fauxpas nicht geschadet.
Aber, wie es sich lebt, in derselben Gattung neben einem solchen Giganten, die Bürde, der Zwiespalt, sie klingen unvermeidlich jetzt in den Nachrufen mit an. Beispielsweise in diesem FAZ-Satz über Emil:
„Mindestens so bedeutend wie Mangelsdorffs Verdienste als Musiker war seine Zeugenschaft über die NS-Zeit“.
Mutmaßlich weil letztere jenseits der Musik viel leichter nachvollziehbar sind, twittert nun auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier:
„Er hat sich nicht nur um die Kultur in Hessen verdient gemacht, sondern als Zeitzeuge der dunkelsten Stunden der deutschen Geschichte wertvolle Erinnerungsarbeit geleistet“.
Das ist wahr. Emil hat weitaus mehr unter den Nazis gelitten als Albert. Als er 1942/43 am Dr. Hoch´schen Konservatorium Klarinette studierte, geriet er auch als Mitglied der „Swingjugend“ in den Fokus der Gestapo.
Er wurde zum Reichsarbeitsdienst, „dann zur Wehrmacht und schließlich an die Ostfront beordert (…), wo er nach Kriegsende in russische Kriegsgefangenschaft geriet, aus der er erst 1949 wieder freikam“ (Wolfram Knauer, 2019).
„Jazz war für ihn untrennbar verbunden mit der Idee von Freiheit und Gleichheit aller Menschen“, wie es in einem Nachruf der FR heisst; er hat u.a. in Schulen über seine Zeit in der Diktatur berichtet.
1949 stieß er zu den Mitbegründern des Modernen Jazz in Frankfurt; wechselte zum Altsaxopophon, wechselte von Swing zu Bebop und anderen Stilen der neuen Zeit - aber niemals zum FreeJazz.
Hier trennten sich die Auffassungen der Brüder, die zwar im legendären Jazzensemble des HR zusammen spielten, später aber immer weniger:
„Das ist mir lange sehr nahe gegangen. Aber wir haben trotzdem zusammen gespielt, wenn ein Veranstalter einen gemeinsamen Auftritt buchte“ (jazzpages).
Auch er hat, wie sein jüngerer Bruder, mehrere Auszeichnungen erhalten, darunter den Bundesverdienstorden.
Emil Mangelsdorff, geboren am 11. April 1925 in Frankfurt am Main, ist ebendort am 20. Januar 2022 gestorben. Er wurde 96 Jahre alt.
Foto: Wikipedia, CC
erstellt: 22.01.22
©Michael Rüsenberg, 2022. Alle Rechte vorbehalten
Dass in der New York Times der Pop- und nicht der Jazzkritiker den Nachruf schreibt, ist kein Zufall.
Gleich noch mal „Live at Yoshi´s“ aufgelegt, den Mitschnitt aus dem Club in Oakland/CA aus dem Dezember 2000. Und gleich im Anschluß „Remember“, sein Tribut an Wes Montgomery aus dem August 2006.

Auf seinen eigenen knapp 20 Alben verfeinerte er die Tongebung seiner Trompete, sodass auch bei ihm mitunter das Ausgangssignal in einem komplexen Klang verschwand, auf rhythmischer Ebene kam HipHop hinzu. Mit dessen Sample-Techniken hingegen stand er auf Kriegsfuß: "Jetzt sind wir im digitalen La-la-Land, nehmen eine Millisekunde oder ein paar Millisekunden von etwas, das in der digitalen Domäne ist, und machen daraus etwas anderes... es gibt kein Original mehr." 


Aus dem Juni 1967 kursieren Schnipsel durchs Internet, von einer sagenhaften Freitagnachmittag-Debatte im
Millers Schwerpunkt hatte sich da schon weg vom FreeJazz und mehr zur Populären Musik (in einem sehr umfassenden Sinne) verlagert, Und vor allem: zum

"Paul Jackson war ein ungewöhnlicher Funk-Bassist, denn er mochte es nie, dieselbe Basslinie zweimal zu spielen, also reagierte er während der improvisierten Soli auf das, was die anderen Jungs spielten", sagt Hancock in seiner Autobiografie "Possibilities". "Ich dachte, ich hätte einen Funk-Bassisten angeheuert, aber wie ich später herausfand, hatte er eigentlich als Kontrabassist angefangen.“
Der Jazzkünstler Uli Rennert ist stilistisch schwer zu fassen. 