KENNY GARRETT Who killed AI? ****

01. Ascendence (Garrett, Svoy), 02. Miles Running Down AI, 03. Transcendence, 04. Divergence, 05. Ladies, 07. My Funny Valentine (Rodgers, Hart), 08. Convergence (Garrett, Svoy)

Kenny Garrett – ss, as, voc, Svoy (Misha Tarasov) – programming, voc, p

rec. 2023

Mack Avenue Records, 0673203121027


Kenny Garrett ist spät dran. Deshalb haut er verbal ordentlich auf den Spinat:
„Who killed AI? - Wer hat der Künstlichen Intelligenz den Garaus gemacht?“
Das klingt ordentlich futuristisch. Das könnte anderseits der sarkastische Titel für ein Projekt sein, das ausdrücklich auf handgemachte Musik, ohne jede erweiterte Technologie, setzt.
Beides trifft auf diese Produktion nicht zu. Sie verwendet elektronische und elektro-akustische Instrumente (neben den analogen Saxophonen) - nichts davon benötigt AI/KI.
Nicholas Payton hat einen solchen Schwenk in der Instrumentation lange hinter sich („Sonic Trance“, 2003). Insoweit könnte man Kenny Garrett mit dieser Produktion als Nachzügler betrachten. Beide machen ihre Sache(n) wie immer, betten sie lediglich in einen anderen Kontext.
Er ist von vorgestern.
Cover Garrett Who killed AIDas Album startet mit einem uralt filter-sweep, der ist so was von Seventies
Dann dreht („Ascendence“) rhythmisch mächtig auf mit einer 16tel-Kette im 4/4-Takt. Die gefällt Garrett & Svoy offenbar so gut, dass sie sie in track 2 fortführen und im Schlusstrack gleich noch mal aufgreifen.
Allerdings, dieses pattern offenbart einen unwiderstehlichen Sog. Und der hat einen Vorläufer: „Ascendence“ ist nichts weiter als ein Remake von „Wrinkle“, aus „Live around the World“ (1988) von Miles Davis.
Beide sind Hochtempo-funk-vamps mit jagenden Soli (Garrett auf dem Alt in „Ascendence“). Man kann sich ihnen nicht entziehen.
Selbiges nimmt ein für „Miles Running Down AI“. Der Titel assoziiert „Miles runs the Voodoo down“ (aus „Bitches Brew“, 1969), seine stilistische Referenz ist aber das Album „Get up with it“ (1974), daraus insbesondere tracks wie „Rated X“ oder „Mtume“ mit ihren „dunklen“ Grooves und - hier - süffigen keyboard-Linien, über die Garrett mit seinem Sopran drüberjückelt.
Bei 3:08 ein break, die Rhythmus-Spur wird ausgesetzt zugunsten eines Kalimba dominierten Teppichs.
Wie zu erwarten, muss danach das Tempo raus. Mit „Transcendence“ beginnt zugleich ein Absturz: die Produktion säuft ab in Klischees, in sattsam bekannten keyboard-sounds.
Der große shouter Kenny Garrett (man denkt mir Wehmut an sein ergreifendes Solo in „Hannibal“ bei Miles, ebenfalls garniert von keyboards) findet überhaupt kein Futter mehr. Nichts, wogegen er anspielen könnte.

erstellt: 05.05.24
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