FIELDWORK Thereupon *******

01. Propaganda (Iyer), 02. Embracing Difference (Lehman), 03. Evening Rite (Iyer), 04. Fire City, 05. Domain (Lehman), 06. Fantøme, 07. Astral, 08. Thereupon (Iyer), 09. The Night Before

Steve Lehman - as, Vijay Iyer - p, ep (6,9), Tyshawn Sorey - dr

rec. 13.05.24

PI Recordings 109

Asche auf unser Haupt!
Spät erst kümmern wir uns um diese Band, die National Public Radio vor Jahren schon als a power trio for the new century ausgerufen hat.
Das war in den nuller Jahren des neuen Jahrtausends, und drei der vier Alben stammen tatsächlich aus dieser Dekade.
Das jüngste, „Thereupon“, erscheint in einem Abstand von 17 Jahren, es ist nach „Door“ (2008) das zweite Album in dieser Besetzung, vorher gab es Wechsel auf den Posten von Saxophon und Schlagzeug, Vijay Iyer ist durchgängig dabei.
Das Etikett power trio klingt wie aus der Rockmusik importiert. Und das assoziativ ist gar nicht mal so verkehrt.
cover fieldwork thereupon   1Die ersten beiden Stücke dieses Albums springen einen an wie aus dem Jazzrock, knallig mit vamps und Repetitionen, getrieben „im Hintergrund“ von überschießenden drum concertos wie einst bei Tony Williams, nur völlig anders klingend (über eine pattern-Ordnung wie jener verfügt Tyshawn Sorey nicht).
Andererseits, auch der FreeJazz kennt solche Attacken.
„Fire City“ lässt sich in der ersten Hälfte umstandslos bei Cecil Taylor verorten, in der zweiten Hälfte mündet das Stück in eine energetische Hymnen-Melodik.
„Domain“ steht dieser Domäne (sic!) auch nicht ganz fremd; Steve Lehman leitet es ein mit erweiterten Techniken auf dem Altsaxophon, im weiteren Verlauf entwickelt er Mövenschreie daraus.
Das Stück zielt auf einen klaren Schluß, das gilt für alle hier. Es sind keine Erkundungen sich später erst herausschälender Strukturen, alle folgen einem deutlich erkennbaren Konzept. Bis auf den Schlusstrack (8:26) dauert keines länger als fünf Minuten.
„Evening Rite“ liegt mit 5:17 knapp darüber - und stilistisch zwischen den beiden genannten Polen, eine Art 5/4 walk, thematisch leicht Monkisch angelegt. Iyer schlägt mit links das Groove-ostinato, mit rechts artikuliert das verzwickte Thema unisono mit Lehman.
Die Ausführung ist jeweils „klare Kante“, oftmals mit Druck vorgetragen.
Ausnahmen bilden die beiden Stücke, wo er am E-Piano sitzt, „Fantøme“ und „The Night before“.
Hier folgen die drei einer alten Jazz-Konvention und geben dem Balladencharakter der Stücke schon sprachlich einen Vorlauf. Es sind auch jene beiden, in denen sie am ehesten austauschbar klingen mit anderen Ensembles.

erstellt: 17.10.25
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