MARC COPLAND QUARTET Someday ********

01. Someday my Prince will come (Churchill, Morey), 02. Spinning Things (Marc Copland), 03. Dukish (Verheyen), 04. Let´s cool one (Monk), 05. Round she goes (Copland), 06. Encore (Verheyen), 07. Day and Night (Copland), 08. Nardis (Miles Davis)

Marc Copland - p, Robin Verheyen - ss, ts, Drew Gress - b, Mark Ferber - dr

rec. 11./12.01.2022

InnerVoiceJazz IVJ 107

Langjährige Erfahrung lehrt: wer ein neues Album von Marc Copland zur Hand nimmt, erhält damit ein Versprechen auf Eleganz. Und Schönheit.
Und wenn es den Titel trägt „Someday“, darf man, wenn man es wendet, richtig, „Someday my Prince will come“ finden.
Standards („Let´s cool one“, „Nardis“), Wiederaufnahmen alter Verfahren („Round she goes“, „Day and Night“), der Rest neue Stücke - das ist das Modell dieses Rhythmikers unter den filigranen Jazzpianisten.
Neu ist auch - außer Drew Gress, Bass-Partner seit drei Jahrzehnten - die andere Hälfte des Teams: der Drummer Mark Ferber, er lebt in New York und Los Angeles, er war im Trio von Gary Peacock (1935-2020).
Und ohne den Namen dieses Bassisten/Komponisten kommt kaum eine Rezension eines Copland-Albums aus.
Auch diese beiden waren über Jahrzehnte einander verbunden (zeitgleich und länger als mit Keith Jarrett), und Copland greift hier erneut, zum vierten Male, eines seiner Stücke auf, das wie eine Steilvorlage für Peacock klingt - das er aber nie mit ihm eingespielt hat. „Round she goes“.
cover Copland somedayDer Titel beschreibt treffend dessen fluffiges, „transparentes“ Thema, es kreiselt über ein ostinato. Er hat es solo (auf „Time within Time“, 2004) aufgenommen, im Trio („Some Love song“, 2005); 2022, kehrt er zum langsameren Tempo des Debüts von 2002 zurück.
Aber passender noch als Greg Osbys Alt damals wird es heute von Robin Verheyens Sopran artikuliert. Der belgisch-amerikanische Saxophonist, obschon er seit zehn Jahren mit dem Bandleader spielt, hat hier sein Studiodebüt mit ihm (andererseits erscheint Copland 2018 auf dessen „When the Birds leave“).
Und wenn der Pianist, der nun wirklich Saxophon-Größen an seiner Seite hatte, sagt: „Robin is my favorite tenor and soprano saxophonist“, dann sollte man dies der Floskelhaftigkeit wegen nicht geringschätzen - es lässt sich nämlich von den klingenden Resultaten nachvollziehen.
Verheyen, 39, spielt ein mitunter kraftvolles Sopran, aber intonationssicherer als ein renommierter seine Vorgänger auf diesem Posten (sein auch-Lehrer Dave Liebman). Sein Tenor klingt erfreulich un-coltranesk.
Verheyens Dreingaben für diese Session sind ein balladenhafter Gruß an Duke Ellington („Dukish“) sowie ein abolutes Kleinod: „Encore“.
Es beruht auf einem cantus firmus, einer „alt-europäisch“ anmutenden Tonfolge über jeweils 4 Takte. Pausen spielen hier eine große Rolle; der erste Takt enthält drei Töne, drei zweite vier, der dritte wieder drei und der vierte kommt mit zwei Tönen aus.
Die Töne fallen auf die Zählzeiten, mitunter werden sie von Sopran und Piano dissonant angeraut. Diese anrührende Girlande wird von Soli, die weniger Improvisationen als Ausschmückungen sind, ins Schaukeln gebracht, während sich hinten langsam das Schlagzeug aufbaut.
Ja, in der Jazz-Terminologie muss man hier von „drum-solo gegen riff“ sprechen, aber es klingt viel mehr nach „Arvo Pärt with drums“.
Sowas schüttelt man nicht aus dem Ärmel, das erfordert Konzentration und Hingabe. Und nach diesem „herausfordernden Material“, so schreibt Marc Copland in der Pressenotiz zum Album, sei es an der Zeit gewesen, mal wieder „mit einem komfortablen Groove zu swingen“.
Die Wahl fiel auf „Let´s cool one“ von Thelonious Monk, und sie swingen mit Grazie & Lässigkeit, so wie zum Abschluß mit Hilfe von Miles Davis´ „Nardis“.
Das ist sowas von „transparent“ nicht nur aufgenommen (sondern auch so nunanciert gespielt), dass man sich fragt, wie denn am Aufnahmeort (The Samurai Hotel, NYC) wohl die Zimmer ausschauen.

erstellt: 29.10.22
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