GINGER BAKER Why? **

01. Ginger Spice (Ron Miles), 02. 12+ more blues (Ellis), 03. Cyril Davis (Baker), 04. Footprints (Shorter), 05. Ain Temouchent (Baker), 06. St. Thomas (Rollins), 07. Aiko Biaye (nig. Trad), 08. Why? (Baker)

Ginger Baker - dr, Pee Wee Ellis - ts, Alec Dankworth - b, bg, Abass Dodoo - perc

rec. ?
Motéma/Membran 233846, LC 29284

Völlig in der Alltagsmystik Versunkene könnten von den Vorzeichen her eine positive Erwartung sich basteln, nach dem Motto „minus mal minus gleich plus“.
Das erste negative Vorzeichen könnte im vergangenen Jahr der Film „Beware of Mr. Baker“ gewesen sein, der den einstigen Rock-Star als einen aus der Welt gefallenenen, tendenziell gewalttätigen Alten präsentiert. Das zweite negative Vorzeichen könnten sie in dem Albumtitel selbst sehen: welcher Künstler, außer jenem schrulligen Alten, würde sich freiwillig der Gefahr aussetzen, dass ein Albumtitel gegen seinen Inhalt verwendet werden könnte?
cover-ginger-bakerZunächst einmal eine Antwort auf die Genre-Frage: „Why?“ ist zweifelsfrei ein Jazz-Album und steht mit des Bandleaders zahlreichen Rock-Zelebritäten von Cream bis Blind Faith in keinerlei Kontakt.
Es handelt sich von der Besetzung her um eine Variante jener Jazz Confusion, mit der Baker in letzter Zeit durch englische Clubs tingelt. Wobei - lexikalisch - das größte Gewicht selbstverständlich in der Verpflichtung von Pee Wee Ellis liegt. Dass er bei Van Morrison gedient hat, wird seinem Ruf als „Saxophon-Legende“ wenig dienen, eher schon seine Zeit in der Band von James Brown. Da zumindest konnte nur bestehen, wer über rhythmische Präzision verfügt.
Die käme ihm hier sehr zugute. Konjunktiv! Tatsächlich geht sie ihm vollkommen ab - Pee Wee Ellis stellt den größten Problemherd dieser Produktion. Zu hören ist ein Musiker, der ohne jede Imagination von Ton & Timing durch die Strukturen sich kämpft; ein Musiker, den vermutlich auch seine größten Bewunderer mit dieser Performance in keinem blind fold test identifizieren könnten. Kaum vorstellbar, dass Wayne Shorter und Sonny Rollins ruhig blieben, wenn sie mitverfolgen müssten, wie einer durch ihre schönen Vorlagen torkelt.
Den Auftakttitel „Ginger Spice“ hat möglicherweise der durch Bill Frisell promovierte Trompeter Ron Miles für Baker geschrieben, im Afro 3/4-Takt weist er die Richtung für die meisten Stücke des Albums, die mit dem nigerianischen Traditional „Aiko Biaye“ bis zu seiner Band Air Force (1970) zurück reichen. „Aiko Biaye“ steht in 6/8, und „Footprints“ kommt mangels jeglicher Eleganz wie ein 6/8-Marsch daher.
Mit „12+ more Blues“ beginnt eine Strecke mit drei Blues-Stücken,  worunter „Cyril Davis“ (gemeint Cyril Davies, 1932-1964) auf einen der Gründerväter des britischen Blues verweist, in dessen Band ca 1962 auch der junge Ginger Baker gespielt hat.
Dass das Label für diese Produktion mit Stimmen von Stewart Copeland („Er persönlich ist das, worum es beim Schlagzeug geht“) über Carlos Santana („eine Naturgewalt“) bis Chad Smith von den Red Hot Chilli Peppers wirb („Der großartigste Schlagzeuger der Welt“) sagt viel über die Stichwortgeber - und rein gar nichts über diese Album.
Es ist - kurioserweise - sehr gut produziert, in Peter Gabriels Real World Studio, Schlagzeug und Perkussion klingen sehr transparent - was vermutlich an den Endpunkten mancher Gehörgänge den trügerischen Eindruck herbeifantasiert, man würde Zeuge großer Musik. Außer dem Sound stimmt hier so gut wie gar nichts.

erstellt: 19.05.14
©Michael Rüsenberg, 2014. Alle Rechte vorbehalten


 

 

 

Air forceWikipedia: An air force, also known in some countries as an air army, is in the broadest sense, the national military organization that primarily conducts aerial warfare. More specifically, it is the branch of a nation's armed services that is responsible for aerial warfare as distinct from an army, navy or other branch. Typically, air forces are responsible for gaining control of the air, carrying out strategic and tactical bombing missions and providing support to ground forces.