Albert Mangelsdorff Preis 2025 an Lauren Newton

Am Vortag tauschten wir kurz Grußblicke aus mit einer Berliner Musikerin. Im Stadtgarten Köln, zumindest an der richtigen location.
Heute früh, am Tag der Nominierung und auf dem Weg in denselben, wähnten wir uns doch tatsächlich kurzfristig in der Annahme, der Preisträgerin 2025 begegnet zu sein - und scheuten uns nicht, ihr per mail, sehr, sehr andeutungsweise, vorab zu gratulieren.
Immerhin, nach 2023, nach Conny Bauer, stand erwartbar fest, dass 2025 eine Musikerin folgen wird. Der Albert Mangelsdorff Preis praktiziert (wie auch der Improviser in Residence in Moers) nach 2015 Gleichberechtigung in Form von Gleichverteilung.
„Unsere“ Kandidatin war auch anwesend bei der Bekanntgabe, immerhin ist ja Cologne Jazzweek, und da sind BerlinerInnen in Köln keine Exotika. Bei der kurzen Begrüßung lächelten wir nicht mehr ganz so vielsagend. Der nicht hörbare Unterton unserer kurzen Konversation lautete: sie ist viel zu jung für gerade diesen Preis. Der ja doch bei den letzten drei Malen (und auch zwischendrin seit 1994) deutlich der Richtung „Auszeichnung für ein Lebenswerk“ zuneigt.
Lauren Newton   1Nun also Lauren Newton.
Der kurze Moment der Überraschung wurde sogleich von dem Gedanken „Das ist nun wirklich eine berechtigte Wahl“ überlagert.
Gute Gründe für die Wahl der 1952 in Oregon geborenen Amerikanerin, die seit 1974 in Baden-Württemberg lebt, gibt es zuhauf, nämlich „herausragende künstlerische Leistungen sowie nachhaltige Impulse für die Entwicklung der Jazz- und Improvisationsszene“, wie es die Satzung zur Voraussetzung macht.
Die Deutsche Jazz Union als Ausrichterin des Preises, deren Praktiken der Präsentation nicht immer als gelungen gefeiert werden, hat sich durch eines ihrer Jury-Mitglieder (Stefan Hentz) eine Begründung schreiben lassen, die sich wohltuend vom 08/15-Sound aller anderen deutschen Jazz-Auszeichnungen abhebt.
Selbstverständlich steckt da Biografisches drin, z.B. Newtons Anfänge in der Frederic Rabold Crew, ihre 10 Jahre im Vienna Art Orchestra, ihre Konzerte mit Bobby McFerrin oder Anthony Braxton, eine Skizze ihres Agierens in der heute - auch dank ihres Wirkens - sehr viel breiteren Schnittmenge aus Jazz, Improvisierter und Neuer Musik.
Last not least eine Beschreibung ihres Gesangsstiles, der in seiner Bedeutungsfreiheit als scat nicht erfasst, sondern als ein vielfältiges Vokalisieren, aus dem gelegentlich „Semantik“ aufscheine.
So haben wir es in Erinnerung.
Die Ausgezeichnete tat dann auch wie beschrieben und ließ, statt einer Dankesrede, aus einer Kette von rasch wechselnden vokalen Expressionen schlussendlich das Wort „Danke“ aufscheinen.
Der Albert Mangelsdorff Preis ist mit 15.000 Euro dotiert, gestiftet von der GEMA, der GVL sowie vom Deutschen Komponist:innenverband. Die Preisverleihung findet am 1. November im Rahmen des Jazzfest Berlin 2025 statt.

erstellt: 01.09.25
©Michael Rüsenberg, 2025. Alle Rechte vorbehalten