JOHN PATITUCCI TRIO Remembrance *****

01. Monk/Trane(Patitucci), 02. Messiaen´s Gumbo, 03. Sonny Side, 04. Meditations, 05. Mali, 06. Scenes from an Opera, 07. Blues for Freddie, 08. Safari, 09. Joe Hen, 10. Play Ball, 11. Remembrance

John Patitucci - b, bg, Joe Lovano - ts, cl; Brian Blade - dr, Sachi Patitucci - cello, Rogerio Boccato - perc

rec. 16.+17.09.2008
Universal/Concord 08880 72310186; LC 15025

Früher gierte es Kritik & Hörer/Leser geradezu danach, nicht einfach nur Fakten & Meinungen zu einem Werk weiterzureichen/zu rezipileren, sondern darüber hinaus auch Angaben, vielleicht gar Enthüllungen über die sogenannten Produktionsbegingungen. Dies alles im Dienste der Aufklärung, im Mißtrauen gegenüber dem schönen Schein.
Heute sind alle gelassener, die Schönheit darf auch um ihrer selbst willen ins Licht gesetzt werden. Wenn etwas über die Produktionsbedingungen verlautet, oder sagen wir bescheidener: über den Kontext einer Produktion, dient es als Vehikel zu ästhetischen Fragestellungen, um vielleicht das Gelingen besser zu begründen.
Warum fällt uns für dieses Album dieser Vorspann ein? Nun, weil uns John Patitucci selbst auf die Fährte bringt, den flauen Charakter von „Remembrance“ im Sinne einer verpassten Chance zu bewerten.
2001, zur Produktion seines Albums „Communion“, hatte Patitucci schon einmal Joe Lovano und Brian Blade im Studio versammelt. Zu einer Probe, zu der dann der vierte Mann, Brad Mehldau, nicht erschien. Also jammten die drei einfach los - mit einem Resultat, das Patitucci heute so beschreibt: „Wir sind vor Begeisterung ausgeflippt. Wir schauten uns an und sagten, in dieser Besetzung sollten wir eines Tages ein Album machen. Seit acht Jahren gärte diese Idee in mir."
Patitucci macht keine Angaben darüber, warum die Session damals nicht aufgenommen oder nicht veröffentlicht wurde. Ohne Zeuge gewesen zu sein, darf man sagen, dass ihr Gelingen in ihrer „Absichtslosigkeit“ lag, während „Remembrance“ nun überhäuft ist mit konzeptionellem Ballast. Fast ein jedes Stück ist ein Tribut; bei manchen lugt´s schon aus dem Titel: „Monk/Trane“, basierend auf den Changes von „Giant Steps“, „Messiaen´s Gumbo“ (Olivier Messaien), „Sonny Side“ (Sonny Rollins), „Blues for Freddie“ (Freddie Hubbard), „Joe Hen“ (Joe Henderson), „Play Ball“ (Ray Brown).
„Maili“ ist dem Gitarristen Ali Farka Touré zugedacht, und das Titelstück soll nicht an 2001 erinnern, sondern ist ein „Andenken“ an Michael Brecker.
Ohne einen Ton gehört zu haben, kann man sich leicht vorstellen: damit ist Vielfalt garantiert, von mehreren Blues-Stücken über eine Rubato-Ballade („Meditations“) zu Funk und Afro Funk sowie Semi-Klassik („Scenes from an Opera“). Zudem, wenn Leute wie Patitucci, Lovano und Blade aufeindertreffen, allesamt Leute aus der ersten Reihe, sinkt das Niveau nicht unter einen bestimmten (hohen) Mindest-Standard, zumal unter den Bedingungen einer Produktion für ein major label. Aber im Gegensatz zu früheren Patitucci-Alben steht diese Vielfalt beziehungslos da, es fehlt ihr ein Kern, es fehlt ihr vollends die Passion, die aus den Worten des Bandleaders für die spontane Session vor acht Jahren spricht.
Es gibt weitaus bessere unter den 13 Alben von John Patitucci.


erstellt: 22.09.09
©Michael Rüsenberg, 2009 Alle Rechte vorbehalten