TORD GUSTAVSEN TRIO The Ground *******

1. Tears Transforming (Tord Gustavsen), 2. Being there, 3. Twins, 4. Curtains aside, 5. Colours of Mercy, 6. Sentiment, 7. Kneeling down, 8. Reach out and touch it, 9. Edges of Happiness, 10. Interlude, 11. Token of Tango, 12. The Ground

Tord Gustavsen
- p, Harald Johnsen - b, Jarle Vespestad - dr

rec 01/2004

ECM 1892; LC-Nr 02516

Auch ECM hat jetzt seinen
Herrn Esbjörn, ein ganz klein wenig jedenfalls: in der zweiten Februarwoche habe dieses Album die Spitze der norwegischen Popcharts erreicht (eine Woche später wieder geräumt): "Keiner anderen ECM-Aufnahme und überhaupt keinem instrumentalem Jazz Album ist das jemals vorher gelungen."
Wie auch immer die Karriere dieses Ensembles weitergeht - ihr
hype-Faktor wird sich in engen Grenzen halten. Es mangelt dieser Musik viel zu sehr an Extrovertiertheit. Eher das Gegenteil ist reichlich vorhanden, und schon ein Blick auf die Kompositionstitel signalisiert norwegische Elegie in gehöriger Portion.
Das klingende Resultat freilich bestätigt solcherlei Befürchtungen nicht, allem rubato, allen Entschleunigungen zum Trotz - es bekräftigt viel mehr, wie schon am Beispiel
Christian Wallumrød, die Kirche als Inspirationsort für die norwegische Improvisierte Musik. Gustavsen selbst spricht von einem "starken, aber irgendwo abstrakten Gospel- oder Hymnen-Feeling" in seiner Musik, er hat als Jugendlicher Klavier in der Kirche gespielt.
Damit ist der Gestus seiner Musik bestens umschrieben. "Abstraktes Gospel-Feeling", das ist das Gegenteil der afro-amerikanischen Ekstase, eher
Keith Jarrett ohne sein Virtuosentum, über Gustavsen´s jazz-pianistische Fähigkeiten darf man unterschiedlicher Auffassung sein. Track 9 "Edges of Happiness" legt vielleicht eine paralle Deutung des Gustavsen-Phänomens nahe: das Stück stehte im Shuffle-Rhythmus, aber wiederum "abstrakt", wie hinter Milchglas, die Blues-hafte Melodik erinnert an Wayne Horvitz. Auch den würde niemand als "brillanten" Jazz-Pianisten ausgeben, er selbst am wenigsten - er wird dank seines Gesamtvortrages geschätzt. Und so, wie Horvitz an Blues, Americana, aber auch an Bali sich anlehnt, tut Gustavson nämliches in Richtung Blues, Gospel, Elegie und vor allem im Hinblick auf ein Rhythmusgruppen-Modell, das mit Charlie Haden und Paul Motian sicher korrekt benannt ist.
Es ist eine zurückgenommene, karge, völlig undynamische Musik, die sich ganz auf melodischen Gestus zurückzieht.


erstellt: 24.02.05

©Michael Rüsenberg, 2005, Alle Rechte vorbehalten