MAKKRO Raeume ******
01. Gunkanjima (Christian Lorenzen), 02. Conny (Janning Trumann), 03. Trio # 20 (Lorenzen), 04. Gitter, 05. Heterosis (Trumann), 06. Fjord (Makkro), 07. Gunkanjima ext. (Lorenzen), 08. Tallinn, 09. Akkor (Sauerborn)
Janning Trumann - tb, Reza Askari - b, Fabian Arends - dr
Christian Lorenzen - p, Oliver Lutz - b, Thomas Sauerborn - dr
rec. 25.06.2013
Fuhrwerk FWM 011, LC 19035
Frischer Wind zum Jahreswechsel aus der Kölner Szene (wie er auch bei Winter Jazz 2014 gelegentlich auffrischte), frischer Wind aus dem Umkreis der Hochschule für Musik und Tanz, um genauer zu sein.
Der Schlagzeugprofessor, Jonas Burgwinkel, ist es denn auch, der dieses Ensemble mit guten Wünschen begleitet (einer seiner Schüler ist hier dabei: Fabian Arends).
Diese sechs jungen Leute treten nicht einfach nur so als Doppeltrio auf, sie folgen ausweislich der sparsamen liner notes dem Konzept der Makropolyphonie, entwickelt vom Bassisten und Hochschullehrer Sebastian Grammss.
Dass zwei Trios eine Bühne, einen Raum ganz anders organisieren müssen, leuchtet ein; allein schon die Schlagzeuger wollen ja möglichst nichts doppeln. Ein Doppeltrio ruft also geradezu nach einem Konzept. Aber woraus das Grammss´sche bestehen soll, wodurch es sich klingend mitteilt - die Webseiten der Band und des Labels bleiben sprachlos, und auch bei Grammss selbst erfährt man kaum mehr als Gemeinplätze.
Wer die gut eineinhalb Minuten des Auftaktes „Gunkanjima“ gehört hat, diese Gegenüberstellung von gepunkteten und gestreckten Noten, über einem ordentlichen Rock-Beat, der ist so angenehm eingestimmt, dass ihn nach nichts weniger verlangt als nach einer „Theorie“.
(In track 7 erlauben sich die sechs mehr Zeit, um die beiden Ebenen der Komposition auszuloten).
Track 2, „Conny“ von Janning Trumann, hält den ungestümen Modus und legt das gesamte Potenzial der Band offen: wiederum furioser riff-Auftakt über Rock-Beat, dann gleiten die sechs, mal unter Führung der Posaune, mal des Pianos, durch diverse Grooves, von marschierenden 4/4, die ins Swingen tänzeln und die Tempi hin- und herwechseln (für Klassik-Freunde: accelerando und ritardando).
Ja, die Stilmittel dieses wunderbaren groove switching bis hinunter zu einer rubato-Pausaune, die das Klavier mit ruppigen staccati anbrüllt, sind uralt, man kann sie strukturell schon 1965 bei Miles Davis „Live at the Plugged Nickel“ abschöpfen.
Der Dualismus von Posaune & Piano bestimmt auch „Trio #20“, und man kommt nicht umhin zu loben, was Christian Lorenzen für ein Händchen hat für suggestive riffs, sich darin aber nicht zu verlieren.
Manchmal sequenziert er ein solches Schaukelthema einfach nur („Gitter“) - mit großem Erfolg. In „Tallin“ wird das Doppel-Trio-Konzept am deutlichsten: jede Teilmenge folgt einer separaten Linie, die sich dann ab der Hälfte zu einem Blues unter Führung der Posaune vermengen.
Aber, alles können sie nicht: der Ballade „Fjord“, einer Kollektiv-Komposition, geht die Spannung ab, die die meisten anderen Stücke dieses Albums auszeichnet.
Gleichwohl, das beste Kölner Band-Debut seit dem Olaf Lind Quartett (und das wird demnächst mit neuer Rhythmusgruppe wieder antreten).
erstellt: 08.01.14
©Michael Rüsenberg, 2014. Alle Rechte vorbehalten