01. May 5 (Ullmann), 02. Blaues Viertel, 03. Collectives #13 #14 (Kupke, Thieke, Ullmann), 04. Homogenous Emotions (Ornette Coleman), 05. Catewalk Münzstrasse (Ullmann), 06. Waters, 07. Kleine Figuren #1, 08. News? No News!, 09. Geringe Abweichungen von der Norm, 10. Kleine Figuren #1 (Variation), 11. Kleine Figuren #2
Jürgen Kupke - cl, Michael Thieke - acl, cl, Gebhard Ullmann - bcl
rec. 08.01. + 09.01.2011
Leo Records CD LR 622; LC-Nr 05417
Gebhard Ullmann, das ist so lange schon Berlin, dass man schmunzelnd zur Kenntnis nimmt, dass er, geboren 1957, aus dem beschaulichen Bad Godesberg stammt.
Ullmann ist einer der echten Transatlantiker des deutschen Jazz, die meisten seiner zahlreichen Projekte laufen unter Beteiligung amerikanischer Kollegen (kein Zufall, dass ein anderes seiner Trios, BassX3, dieser Tage eine Produktion namens „Transatlantic“ herausbringt.)
Clarinet Trio, nach Ta Lam (1992), die zweitälteste seiner „deutschen“ Formationen, ist 1998 entstanden, als die Mode der instrumentengleichen Ensembles ihren Zenit schon überschritten hatte (die Kölner Saxophon Mafia, beispielsweise, konnte sich 2011 nicht mal zur Feier ihres Dreissigjährigen aufraffen). „4“ ist schlicht die Ordnungszahl der Veröffentlichungen seitdem, bei nur spärlicher Besetzungsänderung.

Das Thema von „Catwalk Münzstrasse“ steht zunächst wie eine Wand, im nächsten Schritt zeigt sie sich durchlöchert vonKlappengeräuschen, kurzen Pausen, exponierten Soli, das ist der kontrollierte FreeJazz, der uns schon seit langem umgibt.
„Waters“ wirkt wie die legato-Fortsetzungen dieser Techniken, nun über einem slow swing mit allerlei multiphonics, „Kleine Figuren“ beschreibt vom Titel her genau das, was die Musiker machen: sie spielen, sie verschieben kleine melodische Figuren, lassen sie wandern - und man kann sich wirklich ergötzen an der Stimmführung, den immer wieder anders belegten melodischen Etagen. In der Variation zu # 1 staffeln sie sich wie in den kurzen Wellen des alten Echolette-Effektes, man kann die verknüpften patterns aber auch wie ein Reflex auf afrikanisches interlocking hören.
Mit „Geringe Abweichungen von der Norm“ entfalten die drei ihre tutti-Qualitäten, quasi in einem expressionistischen Gemälde mit Flächen und Tupfern. Der Hallraum ist groß dimensioniert, bis hin zu kleinen Nachechos, wie überhaupt die Produktion (Walter Quintus) durch Transparenz und Räumlichkeit besticht.
Nur das Cover will zu diesem filigranen Duktus überhaupt nicht passen: Typographie und Foto erzählen irgendwas von 08/15...
erstellt: 18.01.12
©Michael Rüsenberg, 2012. Alle Rechte vorbehalten