ERIC REVIS Tales of the Stuttering Mime ******

1. Isitis (Revis), 2. Love/Stranger, 3. Tainted, 4. Ayanna, 5. The Enemy flying, 6. Lulu´s back in Town (Warren, Dubin), 7. Miles Sebastian (Revis, Miles Revis), 8. Black Elk speaks, 9. Phi, 10. 11:11, 13. Muldoon

Eric Revis
- b, JD Allen - ts, Duane Eubanks - tp, Orrin Evans - p, Oz Noy - g, Yosvanny Terry - as, Jeff Tain Watts - dr, Gregoire Maret - harm, Doug Wamble - banjo, Khalil Kwame Bell - perc, Sherman Irby - as (1), Dirty Red Ricky Gordon - washboard (6), Myron Walden - bcl, as (1), Dana Murray - progr (7), Echo String Quartet: Erik Carlson, Pat Done - v, Nadia Sirota - va, Clarice Jensen - cello

rec 03/2003 + 18./19.2.2004

11:11 Records 042088
www.ericrevis.com

Dass Eric Revis, wie neulich die
FAZ insinuiert, den Grundton nicht gefunden habe, mag kaum nachvollziehen, wer sich in der Diskographie des Mannes umtut: Revis (Jahrgang 1967) hat seine professionelle Karriere bei Betty Carter gestartet, ist seit 1998 bei Branford Marsalis, ja taucht schon ein Jahr zuvor bei Buckshot Le Fonque auf, er kann´s gut mit Orrin Evans und mit Schlagzeugern, Ralph Peterson sowie Jeff Tain Watts.
Geschichten des stotternden Pantomimen ("Tales of the Stuttering Mime") ist sein Debüt in eigener Sache. Er hat einen "sehnigen", kräftigen Ton, fast
Mingus-haft; aber dass sich nach diesem Album der Eindruck eines Personalstiles aufdrängte, lässt sich ebenso wenig konstatieren wie eine stilistische Etikettierung mit ein paar Strichen. "Tales..." ist von verblüffender, ja sperriger Vielfalt, Partikel tauchen auf, die man schon lange nicht mehr gehört hat (beispielsweise Gitarren-Sprenkel a la Wha Wha Watson in "Love/Stranger"). Das typische Debutprodukt, wo jemand mal an allen Fäden zieht, die er je in der Hand hatte: mit Streichquartett in einem Stück ("Miles Sebastian"), Keith Jarrett-Einfluss in einem anderen ("Phi").
Und dass der junge Eric Revis daheim in Kalifornien viel Rock und Funk gehört hat, glaubt man gerne, insbesondere im Hinblick auf das Rockgitarren-ostinato von
11/8 (!) in "11:11". Dass er, bevor er nach New York zu Betty Carter ging, in New Orleans bei Ellis Marsalis studiert hat, lässt sich nirgendwo im Klischee eines New Orleans Beat ablesen, sondern scheint eher in dem verqueren Südstaaten-swing versteckt, wie er auch schon für die ersten Alben von Brian Blade kennzeichnend war. Ja, mit Blade ist er auch in NO zusammengetroffen wie mit Nicolas Payton and the likes.
Im Gegensatz zu diesen aber hat
REVIS viel New York in den Händen, schon der Auftakt "Isitis" verlangt mehrfach nach der Repeat-Taste: ein M-BASE riff in 8/8 (aber aufgeteilt 6/8 + 2/8!) mit offbeat-Akzenten ohne Ende, ein Groove-Kracher mit dunklen Bläsern und obendrüber die Mundharmonika von Gregoire Maret (den Revis, nachdem der bei Pat Metheny eingestiegen ist, demnächst wohl kaum noch bezahlen kann). Es M-BASEt weiter in den tracks 2 und 3, letzterer ein Shuffle mit Reggae-Momenten, wo der Gitarrist nach Wha Wha Watson zur Abwechslung mal Bill Frisell draufhat.
Ja, die Referenzen funkeln überall klar durch, aber
wie Eric Revis sie zusammenbindet, das hat dann doch etwas positiv Verstörendes.Und nicht zuletzt sind hier ja noch ein paar der neuen Kleinmeister zugange: Orrin Evans und JD Allen.
Dem Bandleader wünschen wir zur nächsten Produktion einen mässigenden Produzenten: Kraft & Ideen hat Revis im Übermass.

©Michael Rüsenberg, 2004, Alle Rechte vorbehalten