DAVE DOUGLAS Strange Liberation ******
1. A single Sky (Dave Douglas), 2. Strange Liberation, 3. Skeeter-Ism, 4. Just say this, 5. Seventeen, 6. Mountains from the Train, 7. Rock of Billy, 8. The Frisell Dream, 9. Passing though, 10. The Jones, 11. Catalyst
Dave Douglas - tp, Uri Caine - ep, James Genus - b, bg; Clarence Penn - dr, Chris Potter - ts, Bill Frisell - g
rec 01/2003
BMG/Bluebird 82876-50818-2
Viel Gutes liest man über Dave Douglas. Offenbar nicht genug, denn der Gelobte stimmt nun selbst in den Chor mit ein: "Diese Band erforscht die Grenzen der Freiheit und bricht die Regeln mit zwingender Logik und Leidenschaft." Der gemeinen Jazzkritik, so lernen wir hieraus, kann man mit Leichtigkeit ihr Besteck entwenden. "Was wir spielen, bezieht sich auf die grossen Traditionen des Jazz und der Amerikanischen Musik, wird aber in einer einzigartigen, persönlichen Sprache ausgedrückt..."
Wer den Gestank des Eigenlobes ignoriert und die Latte so hochlegt, von dem dürfen wir erwarten, dass er die Sprache auch beherrscht und sich ohne Nuscheln ausdrückt. Thomas Heberer möge mir verzeihen, aber diese CD beginnt für mich erst mit track 3, weil der Herr Douglas in "Strange Liberation" herumeiert, unsauber intoniert und phrasiert, dass man nicht recht weiss, warum er sich so viel auflädt.
"Just say this" ist eine 9/11-Ballade, und so richtig los geht es mit "Seventeen" einem Thema a la Ornette Coleman, in exaktem unisono mit Chris Potter vorgetragen. Der legt los mit einem Riesen-Solo, und dann wird durchdekliniert, was der heutige Jazz hergibt: swing, Shuffle, Schlagzeug-Solo gegen riff - die Präsenz eines Clarence Penn muss man auskosten. "Mountains from the Train" lässt Bill Frisell mit ein paar Gitarren-Loops aufblühen, track 8 ist ihm gewidmet und in "Rock of Billy" werden wir an einen Rock´n´Roll a la Scofield anno 1987 erinnert. Während der ganzen Zeit ist Dave Douglas gut dabei und Uri Caine gibt wie üblich den Herbie Hancock. Die Stilistik: ein jazznaher, lockerer Jazzrock (insbesondere in "Catalyst"), gut, teilweise glänzend gemacht, aber nichts, was man nicht schon andernsorts, auch bei Dave Douglas, gehört hätte.
"Strange Liberation" zeigt zudem (was nicht von Nachteil sein muss) konzeptionell weniger Kontur als die Vorgängeralben, und deshalb wundert´s umso mehr, warum der Mann ideologisch sich so aus dem Fenster legt.
©Michael Rüsenberg, 2004, Nachdruck verboten