ELEPHANT 9 Walk the Nile *****

01. Fugi Fønix (Storløkken), 02.Aviation, 03. Walk the Nile, 04. Hardcore Orientale, 05. Habanera Rocket, 06. John Tinnick (Eilertsen)

Ståle Storløkken - ep, org, synth; Nikolai Hængsle Eilertsen - bg, Torstein Lofthus - dr 


rec. 05/2009
Cargo/Rune Grammofon RCD 2095

Wer sich an Moers 09 erinnert, erinnert sich an Elephant 9. Und die meisten im Sinne von „retro“. ELP wurde herausgehört (Emerson, Lake & Palmer), auch The Nice und Brian Auger, die meisten nannten global „die späten 60er, frühen 70er Jahre“, ProgRock - alles richtig.

Für „Walk the Nile“, sein zweites Album, wirbt das norwegische Trio ausdrücklich mit diesen Attributen, wohlwissend, dass niemand es mit seinen historischen Bezugsquellen verwechselt. Wohl war, TripHop-Effekt wie downtempo (im Titelstück) oder das generelle Verschleifen von Akzenten waren damals unbekannt. Es steckt einfach viel zu viele Gegenwart in Elephant 9.
„Walk the Nile“ ist in den Wochen unmittelbar vor dem Moers-Auftritt entstanden. Ob dieser Zeitpunkt klug gewählt war, werden alle diejenigen verneinen, die ihre noch recht frischen Erinnerungen von Pfingsten 2009 mit diesem Produkt vergleichen. Es illlustriert einmal mehr die uralte Erkenntnis aus dem Improvisationsgewerbe, wonach das Bühnenerlebnis dem Studiowirken in den meisten Fällen vorzuziehen ist.
Dabei enthält „Walk the Nile“ alles das, was das Faszinosum des sehr verwandten Repertoires auf dem Moers Festival ausmachte: die „dreckigen“ Klangfarben von Hammond-Orgel und Fender Rhodes, die Klangverdrehungen durch den Ringmodulator, die treibenden Rhythmen, die ausgedehnten Soli von Ståle Storløkken.
Es fehlt: das Buhlen um Zuhörer, das Feedback derselben, der Ansporn aus dem Auditorium, der irjenswie die Ausübenden beflügelt. Denn im Studio wird gewiß, dass Ståle Storløkken jenseits von Klangfarbenwechseln der große Improvisator eben doch nicht ist; auf der Bühne betrügen einen die optischen und akustischen Verhältnisse um diese Einsicht, der Aktionsradius der Rhythmusgruppe ist ähnlich eng gezogen wie der der entsprechenden Kollegen bei e.s.t.
Elephant 9 bleibt eben immer retro, ob hier oder beim Debütalbum „Dodovoodoo“ (2007), das mit einem anderen Bein in den späten 60ern steht, nämlich bei Miles´ „Bitches Brew“.

erstellt: 14.03.10

©Michael Rüsenberg, 2010, Alle Rechte vorbehalten