PAT METHENY What´s it all about ******
01. The Sound of Silence (Paul Simon), 02. Cherish (Kirkman), 03. Alfie (Bacharach, David), 04. Pipeline (Spickard, Carman), 05. Garota de Ipanema (Jobim, DeMoaes), 06. Rainy Days and Mondays (Nichols, Williams), 07. That´s the Way I´ve always heard it should be (Carly Simon, Jacob Brackman), 08. Slow Hot Wind (Mancini), 09. Betcha by Golly, wow (Thomas Bell, Linda Creed), 10. And I love her (Lennon, McCartney)
Pat Metheny - g
rec. 02/2001
Nonesuch 7559-79647-0; LC 00286
Daß ein Album von Pat Metheny auch ohne eine eigene Komposition desselben klar erkennbar bleibt, darüber kann sich allenfalls die Werbung zu diesem Produkt wundern.
Wer auch nur einen vagen Eindruck hat von den bald 40 Veröffentlichungen dieses Künstlers, z.B. von den vielen, vielen Standards darunter, der weiß, wessen auch immer dieser Gitarrist sich annimmt - es klingt nach Metheny, und das sowohl in den elektrischen als auch den „akustischen“, also unverstärkten Bearbeitungen.
Pat Metheny ist ganz einfach einer der großen Stilisten der Jazzgeschichte, sein markanter Sound ein Resultat aus dem Zusammenwirken nicht nur von Klangfarbe, sondern von Tongebung, Timing, Phrasierung usw.
Abgesehen von einer Solo-Einlage auf „The Road to you“ (1992) hat er sich bislang zweimal mit Solo-Alben gemeldet: im gleichen Jahr mit dem Krachmacher „Zero Tolerance for Silence“ und 2001 mit dem auch von der Titelgebung schon gegenpoligen „One Quiet Night“. ("New Chautauqua", 1978, ist hingegen im Mehrspurverfahren entstanden.)
Wie 2001 dominiert auch jetzt wieder die Bariton-Gitarre, häufig in alternativen Stimmungen, jetzt aber - wie gesagt - ausschließlich mit Fremd-Kompositionen.
„Ich wollte einige der Songs aufnehmen, die ich auf dem Schirm hatte, lange bevor ich selbst auch nur eine Note komponiert hatte“, erläutert er die Songauswahl. „In manchen Fällen handelt es sich sogar um Songs, die ich kannte, lange bevor ich ein Instrument in die Hand genommen hatte. Ich wurde 1954 geboren, und während meiner Kindheit und meiner frühen Jugend befanden sich diese Songs irgendwann einmal in den Top-40.“
Wie gesagt, die dank ihres längeren Griffbrettes mit größerem Tonumfang ausgestattete baritone guitar dominiert die Produktion, das aus der Surfmusic von den Chantays stammende „Pipeline“ (1963) ist mit einer normalen akustischen Gitarre eingespielt und der Beatles-Abschluß mit Nylon-Seiten. Metheny startet aber mit Paul Simon auf einer 42-saitigen „Pikasso“-Gitarre. Das klingt herzliebst, in naher Verwandtschaft zur Zither, sofort erkennbar und mit den „erzählenden“ Arpeggien von „Cherish“ Höreinladung zu bestimmten Atmosphären, auf deren Bezeichnung wir ihrer großen Klischeehaftigkeit an dieser Stelle verzichten wollen.
„Alfie“ (1966) von dem ewig tiefgründigen Burt Bacharach ist dann wirklich zum Hin-Hören, vor allem weil Metheny das Thema nicht ostentativ ausspielt, sondern quasi „suchend“ vorträgt. Sein Kunstmittel hier, rubato, also das Vermeiden eines Beat, setzt er noch großzügiger ein in dem Höhepunkt des Albums, den er strukturell und vom Titel her zunächst ein wenig verschleiert: yes, folks, „Garota de Ipanema“ ist nichts anderes als das wohlbekannte „Girl from Ipanema“. Hier findet Metheny Anschluß an das derzeit so beliebte Re-Komponieren des Vertrauten, hier reizt er seine Mittel aus.
Die restlichen Titel sind dem Rezensenten nicht so vertraut, als dass er hier die creativen Entfernungen im Sinne von Neuschöpfungen würde beurteilen können. Dem Anschein nach aber verraten sie keine strukturellen Weiterungen.
Mit „And I love her“ schließt das Album dann so herzliebst, wie es begonnen hat, technisch brillant, aber vorausahnbar von A bis Z.
Was that´s all about? All about what?
erstellt: 21.06.11
©Michael Rüsenberg, 2011. Alle Rechte vorbehalten