Jack plays the Piano...in Woodstock

Jack DeJohnette at PianoJack DeJohnette, 82, geht nicht mehr auf Tournee. Seine Herzprobleme hat er zwar im Griff (laut New York Times), aber seit Covid mag er keine Reisen und keine Menschenmengen mehr.
Seit rund fünfzig Jahren lebt er in den Catskill Mountains, upstate New York; heute Abend tritt er sozusagen in der Nachbarschaft auf, im Woodstock Playhouse, Woodstock/NY - als Solopianist.
DeJohnette kehrt damit zu seinem erst-erlernten Instrument zurück, in den 40er Jahren, in seiner Geburtsstadt Chicago.
Die Liebe eines der bedeutendsten unter den stil-bildenden Schlagzeugern der Jazzgeschichte zum Piano kommt nicht überraschend. Gelegentlich hat er es im Studio eingesetzt, auch die verwandte Melodica, 1985 veröffentlicht er „The Jack DeJohnette Piano Album“, im Trio Format, mit Freddie Waits in „seiner“ Position, am Schlagzeug.
Die New York Times, die den Woodstock-Auftritt zum Anlass einer ausführlichen Betrachtung nimmt, macht mit einem Schlüsselerlebnis des 2-Instrumente-Musikers auf, als der Pianist JDJ aus Chicago Anfang der 60er Jahre ein Wochenengagement im Showboat Club in Philadelphia (those were the days) auf seinem damaligen Zweitinstrument bestreitet.
Der Bandleader, Eddie Harris (1934-1996), nimmt den Twen in einer Pause beiseite:
„Du spielst ganz nett Piano, Mann. Aber dein Schlagzeugspiel hat was - du bist ein Naturtalent am Schlagzeug. Und du musst dich entscheiden, welches dein Hauptinstrument sein soll.“
The rest is jazzhistory. Von Charles Lloyd über Miles Davis und Jahrzehnte bei Keith Jarrett und und und…
„Ich glaube nicht, dass ich ein fantastischer Pianist bin“, räumt er ein, „aber ich glaube, ich spiele gut genug, um eine Geschichte zu erzählen“.
Man kann sie, unter dieser Voraussetzung, vielleicht auch als die Geschichte eines Rekonvaleszenten hören. Denn es ging ihm nicht gut in den letzten Jahren.
„Ich war an einem Tiefpunkt in meinem Leben“, gesteht er der NYT. „Ich hatte ein öffentliches Image, aber dann ist das persönliche Image eine große Herausforderung“.
„Was soll ich sagen? Ich bin ein egozentrischer Mensch, der immer mehr an sich selbst denkt als an andere Menschen, und das ist eine ständige Sache, bei der mir meine Frau Lydia und andere Leute zu helfen versuchen.“
Von letzterer erfährt der Reporter der NYT, dass er Zeit in einer Therapie verbracht habe.
Zusammen mit einer Assistentin bringt sie Ordnung in das riesige Band-Archiv ihres Mannes. Ein erster Fund kommt im November bei Blue Note heraus: ein Konzertmitschnitt von 1966 aus dem legendären Slug´s Saloon im East-Village (Manhattan), mit McCoy Tyner, Joe Henderson, Henry Grimes.
Titel: „Forces of Nature“, weil „sich alle gegenseitig bis zum Äußersten anspornen und antreiben, und das merkt man“ (DeJohnette).

erstellt: 28.09.24
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