GARY BURTON, PAT METHENY, STEVE SWALLOW, ANTONIO SANCHEZ Quartet Live ******

01. Sea Journey (Corea, Potter), 02. Olhos de Gato (Carla Bley), 03. Falling Grace (Swallow), 04.Coral (Jarrett), 05. Walter L (Burton), 06. B and G Midwestern Night´s Dream (Metheny), 07. Missouri Uncompromised, 08. Fleurette Africaine (Duke Ellington), 09. Hullo, Bolinas (Swallow), 10. Syndrome (Carla Bley), 11. Question and Answer (Metheny)

Gary Burton - vib, Pat Metheny - g, Steve Swallow - bg, Antonio Sanchez - dr   

rec. 10.+11.07.2007
Universal/Concord 08880 7231303; LC 15025

Man kann sich leicht ausmalen, wieviele law firms daran mitgewirkt haben, dieses Quartett auf dem Cover nicht als das erscheinen zu lassen, was es ist: nämlich eine Re-Formation des legendären Gary Burton Quartetts, sondern .. wie oben, als eine Versammlung vier Gleichberechtigter.
Und noch eine law firm wird interveniert haben, die des booklet-Designers Peter Max. Wann hat man je den Namen des Gestalters anderswo als versteckt in den liner notes gefunden? Hier aber prangt er geradezu auf dem Titel, nebst Webadresse. Das ist insofern bemerkenswert, als dieser große Max ein booklet von extraordinärer Scheußlichkeit entworfen hat (das ist ein Geschmacksurteil) und von Typographie keinen Schimmer hat (das ist kein Geschmacksurteil, sondern Fakt, weil sich Teile des booklets nur mit der Lupe lesen lassen.)
Vermutlich steht da drin, was ohnehin die meisten wissen: dass hier der Schüler Pat Metheny zurück zu seinem Lehrer Gary Burton findet und eine Partnerschaft wieder aufnimmt, die 1973 begonnen, drei Jahre dauerte und übrigens 1989 kurz für ein Album („Reunion“) wieder aufgefrischt worden war. Vor 20 Jahren fehlte freilich der Mann, der schon 1967 zu Gary Burton gestoßen war und seitdem etliche Burton-Projekte, was den Baß betrifft, mit seinem unnachahmlichen Spiel auf der Baßgitarre gleichsam „autorisiert“: Steve Swallow, mit 68 Jahren der Senior der Band.
„Quartet Live“ ist, obwohl er nur in „Falling Grace“ ein Solo spielt, ebenso „sein“ Projekt wie das des Juniors der Band, Antonio Sanchez (38). Mit „Falling Grace“ von Steve Swallow nämlich findet das Konzert endlich aus der quälend bräsigen Intro heraus, die nicht im geringsten erahnen lässt, dass das Publikum im Yoshi´s in Oakland zum Schluß vor Begeisterung rasen wird. Zu recht.
Mit „Falling Grace“ kann die Rhythmusgruppe endlich jene frische Feinmechanik entwickeln, die das Unternehmen von da an prägt. Sanchez´ abwechslungsreichen Spiel auf den ride cymbals, seinen leicht Tony Williams´- geprägten patterns sind Delikatessen. Diese Rhythmusgruppe würde jedem Team guttun, sie nimmt insbesondere diesem Unternehmen jene Saumseligkeit, wie sie bei Burton & Metheny gelegentlich aufscheint (die beiden Eröffnungstücke sind einfach nur schlechte Repertoirewahl und rasch vergessen.)
Insbesondere gut kommt die „Mittelachse“ aus „B and G“ (aus Metheny´s ECM-Debut 1975) und „Missouri Uncompromised“ (für Burtons „Passengers“-Album von 1976), letzteres ein uptempo swing mit ausgedehntem Schlagzeugsolo.
Nach der Duke Elington-Ballade „Fleurette Africaine“, startet „Hullo, Bolinas“ hinterpfotzig wie ein Humpel-Walzer: ab Takt 28 steigt Sanchez mit 6/8 ein und führt das Stück in einen fließendes continuum. Eine Höhepunkt der Platte, auch dank des Solos von Pat Metheny, ebenso wie „Syndrome“ von Carla Bley (deren langatmiger Bolero „Olhos de Gato“ eingangs auf die falsche Fährte führt).
Krönender Abschluß dann der Metheny-Walzer schlechthin: „Question and Answer“ (aus dem 1989er Trio Album mit Dave Holland und Roy Haynes), den das Quartett ordentlich würzt durch überlagernde Phrasierungen („4 über 3“).
 
erstellt: 19.08.09
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