DJANGO BATES & STORMCHASER Spring is here (shall we dance?) ********

01. Spring (Bates), 02. Turning Twenty, 03. May Day, 04. The Right to smile, 05. Early Bloomer, 06. Fire Brigade, 07. Subjective Hooks, 08. Something less soothing, 09. Evening Primrose, 10. Sheep

Django Bates - keyb, t-horn, voc; Julie Kjaer - fl, Bo Skjold Christensen - cl, Anders Bast - ss, as; Aske Drasbek - as, Marius Neset - ts, Martin Stender - ts, fl; Johan Bylling Lang - bars, Lars Søberg, Jimmy Nyborg - tp, Ulrik Kofoed - fh. Kevin Christensen, Andre Jensen - tb, Daniel Herskedal - tuba, Josefine Lindstrand, Elena Setien Yergui - voc, Christian Blume - g, Peter Eldh - B, Mike Schnttler - perc, Anton Eger - dr, RMC International Choir

rec 2008 (?)
Lost Marble LM003
www.djangobates.co.uk


Ein Dutzend Jahre hing Django Bates´ Jahreszeiten-Zyklus in der Luft. Einmal abgesehen davon, dass für den britischen Querdenker dieser musikalische Verlauf nicht mit dem Frühling beginnt, sondern mit "Summer Fruits (and unrest)“, produziert 1993, schien er nach "Autumn Fires (and green shoots)", 1994, und "Winter Truce (and homes blaze)", 1995, unvollendet zu bleiben.
Jetzt, nachdem er mit
StoRMChaser den abschließenden Teil 2007 beim Jazzfest Berlin vorgestellt hatte, ist die Tetralogie komplett. Manches darin kann einem vertraut vorkommen: "Spring", "Sheep", "May Day" und "Fire Brigade" waren Auftragswerke für die Kölner Musiktriennale 1997.
Keiner der Mitwirkenden von damals, aus Bates´ Ensemble
Human Chain, ist freilich noch dabei - sie sind deutlich jünger, es sind ausschließlich Studenten des Rhythmic Music Conservatory in Kopenhagen, wo Bates seit ein paar Jahren als Professor lehrt (daher die Großbuchstaben in StoRMChaser).
Das Programm nimmt darauf keinerlei Rücksicht, es ist dasselbe irrsinnige musikalische Welttheater, ein völlig eigener musikalischer Kosmus voller Verdrehungen und Anspielungen, voller Sprünge und Risse. Und als noch größeres Rätsel als die Tatsache, wie Stundenten in der Lage sind, diesen Wahnsinn spielen zu können, erscheint einmal mehr, warum
Stuart Nicholson seine wackelige These von Europa als neuer Heimat des Jazz auf Esbjörn Svensson stützen konnte und nicht auf seinen Nachbarn Django Bates.
Was hier musikalisch abgeht, hat der britische Kritiker John Fordham anlässlich der gegenwärtigen
StoRMChaser -Tournee in England schön umschrieben. Während die Konvention einer Big Band darauf setze, dass etliche Musiker dasselbe zur selben Zeit spielten, "ermuntert Django Bates soviele Leute wie möglich, Verschiedenes zur selben Zeit zu spielen und obendrein noch häufig vom Grundbeat abzuweichen." Das Resultat hängt, meint Fordham, nicht nur zusammen, sondern "rast atemberaubend und manchmal auch vergnügt durch den Raum."
So ist es. Es sprengte den Rahmen einer Rezension und wäre mindestens einer Bachelor-Arbeit würdig, die zahlreichen Verstöße gegen die gängige Big Band-Praxis sowie das gleichwohl offenkundige Funktionieren des Disparaten aufzuzeichnen. Diese Musik lebt nicht vom guten Willen, den man den Ausführenden zugestände, sondern von ihrer atemberaubend perfekten Ausführung. Dabei wäre vielleicht auch die Jazz-Pädagogik hilfreich, die aufschließen sollte, mit welchen Zuckerbroten, mit welchen Peitschen der trotz seiner 48 Jahre immer noch so jugendlich wirkende Bates seine Studenten über diesen Parcours bringen konnte.
Nicht zuletzt, im Gegensatz zu anderen Eklektikern und Multi-Stilisten (z.B.
John Zorn) mag das Universum des Django Bates auch noch so auseinanderstrebend wirken - es wird verklammert von Elementen, die sich in allen seinen Produktionen finden, das sind melodische und rhythmische, auch dramaturgische Partikel aus der west- und süd-afrikanischen Musik. Die Zeit, die er in der Band von Dudu Pukwana verbracht hat, hat deutlich in Bates´ Musik Spuren hinterlassen.

erstellt: 04.11.08

©Michael Rüsenberg, 2008, Alle Rechte vorbehalten