Unter den wenigen bedeutenden afrikanischen Stimmen des Jazz sind zwei Pianisten, die eigentümlicherweise von den Polen des Kontinentes stammen: Dollar Brand aka Abdullah Ibrahim aus Kapstadt und Martial Solal aus Algier.
Der Sohn einer jüdischen Opernsängerin dürfte zu den letzten Jazzpiano-Virtuosen gehören, die diesen Status ohne Studium erlangen konnten.
Er war auf Privatunterricht durch seine Mutter angewiesen, nachdem er 1942 die Schule auf Grund der anti-semitischen Politik des Vichy-Regimes verlassen musste. Er lernte durch Imitat, aus dem Radio, darunter auch Fats Waller und Art Tatum.
1950 zog der nach Paris. Er war Hauspianist im Club Saint Germain, er begleitete zahllose US-Jazzstars, die in der Stadt gastierten. 1960 ein erstes Solo-Album, neben Duos (u.a. mit Lee Konitz) und Trios (u.a. mit Niels-Henning Ørsted Pedersen und Daniel Humair) sein favorisiertes Format. Zu diesem Zeitpunkt schrieb er vermehrt auch Filmmusik, u.a. für Godards berühmtes "Außer Atem" (1959).
Am 23. Januar 2019, im Alter von 91 Jahren, trat er im Pariser Salle Gaveau auf, es war sein letztes Konzert. Ein Mitschnitt liegt unter „Coming Yesterday: Live at Salle Gaveau 2019“ vor. Und hier zieht er noch einmal fast alle Register seines unvergleichlichen Personalstiles.
Ein viruoser Vortrag von großer Eleganz, mit untrüglichem timing, geprägt von stilistischen Sprüngen und fantasievollen Ausschmückungen (ein wenig davon lebt heute bei Jacky Terrasson fort). In „Happy Birthday“ treibt er es auf die Spitze und überlädt das Melodie-Eselchen mit Pianisten-Schmuck von Chopin bis Monk.
Martial Solal, geboren am 23. August 1927 in Algier, verstarb am 12. Dezember 2024 in Versailles. Er wurde 97 Jahre alt.
erstellt: 16.12.24
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