Wie Adorno Michael Rutschky einmal auf die Füsse trat...

...beim Tanz auf einem Faschingsball im Frankfurt der frühen 60er Jahre"
und sich dafür emphatisch entschuldigte. Er hielt, als Dschingis Khan verkleidet, ein besonders süßes Mädel umschlungen, die als seine gegenwärtige Favoritin galt."

rutschkyDas gehört zu den unerheblichen Momenten einer Arbeit, in der federleicht und behutsam, mit brillantem
timing grosse Gedanken-Architektur zu Fall gebracht wird.
Nicht von ungefähr war der Berliner Essayist jahrelang Herausgeber eines Periodikums namens "Der Alltag".
Wie er den Grossen Meister auf dieser Ebene befragt, mit den Mitteln einer Gelassenheit des Alltags, das markiert das Schluss- und
Glanzlicht einer Reihe, mit der die taz das Adorno-Jahr begleitet hat ("Teddy, der Inkommensurable").
Ja, ´tschuldigung auch: "Glück und Heimweh" von Michael Rutschky datiert vom 11.12.03, und obgleich
dieser MR zu MR´s Favoriten zählt, ist der Zeitungsausschnitt mit dieser Preziose ein Vierteljahr auf dem Schreibtisch hin und hergewandert, bis er schliesslich die erwarteten Lesefreuden auslösen konnte.
Kein schlechter Termin dafür heute,
Frühlingsanfang, zumal Rutschky, der profunde Nicht-Jazzkenner, die wahre Bedeutung unseres schönen Gattungsnamens virtuos plaziert, inmitten von Adorno´s 1945 geäusserter Utopie, auf dem Wasser zu liegen und friedlich inden Himmel zu schauen:
"Unterdessen, knapp 60 Jahre später, wird man viele Anhänger von Adornos´ Utopie finden. Gerade im Sommer. Wer träumt noch von rastloser Tätigkeit des Menschengeschlechts, Entfesselung der Produktivkräfte und
all that jazz? Jeder weiß, dass auf dem Wasser liegen und friedlich in den Himmel schauen der Bestimmung des Menschengeschlechtes viel näher kommt."


erstellt: 21.03.2004
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