BILL FRISELL Unspeakable *****

1. 1968 (Frisell), 2. White Fang (Frisell, Willner), 3. Sundust (Willner), 4. Del Close (Frisell, Willner, Liljestrand), 5. Gregory C. (Frisell, Willner), 6. Stringbean (Frisell, Willner, Liljestrand), 7. Hymn for Ginsberg (Frisell), 8. Alias (Frisell, Willner, Liljestrand), 9. Who was that Girl (Frisell, Willner, Liljestrand, Bernstein), 10. D. Sharpe (Frisell), 11. Fields of Alfalfa (Willner, Otto Sieben), 12. Tony (Frisell, Scherr, Wollesen), 13. Old Sugar Bear (Willner, Liljestrand, Grant), 14. Goodbye goodbye goodbye (Frisell, Willner, Lasry)

Bill Frisell
- g, The 858 Strings: Jenny Scheinman - v, Eyvind Kang - va, Hank Roberts - cello; Steven Bernstein - tp, Curtis Fowlkes - tb, Briggan Krauss - bars, Tony Scherr- bg, Kenny Wollesen - dr, Don Alias - perc, Hal Willner - turntables, samples

rec ?
Warner/Nonesuch 79699 2; LC-Nr 00286

Eine Konstante im discographischen Leben des Bill Frisell bleibt auch mit dieser Produktion erhalten: der Mann kopiert sich nicht, mag auch die Perspektiverlagerung mitunter nur wenige Grad betragen. "Unspeakable" aber fällt - obwohl es viele Elemente seines "autobiographischen Musizierens" enthält - vollständig aus seinem Werk heraus. Es ist nicht die erste Unternehmung mit Hal Willner, die beiden verbindet
20 Projekte über den Zeitraum ab 1980. Nicht dass es das erste der beiden unter Frisells Namen ist, markiert die Zäsur - wohl aber der Produktionsprozess. "Es war ein seltsamer und völlig neuer Prozess für mich", sagt Frisell im Gespräch mit gitarre & bass: "Er hat mir Platten vorgespielt und ich habe dazu improvisiert. Letztlich wurde eine Menge weggenommen und editiert, manchmal habe ich etwas gespielt und er hat eine Platte gesucht, die er dazu spielen konnte."
Die discographischen Angaben zu "Unspeakable" sind also gespickt mit Verweisen wie "contains a sample of" oder "based on a melody from"...meist europäischen Ohren unvertrauten Partikeln aus der Tiefe einer ur-amerikanischen
Schallplattensammlung.
Zu den Ausnahmen zählt etwa "Hymn for Ginsberg", das gänzlich
ohne Willner auskommt und wie ein Film-Soundtrack anmutet, ohne jede Ambition, den drei Streichern einen "bildungsmässigen" Ausdruck zu geben.
Ohnehin werden sich europäische Ohren, längst an den grossen Radius von Frisells Americana gewöhnt, auf eine nochmals
trivialere Gangart einpegeln müssen. "Unspeakable" mutet an wie eine Sammlung von Filmmusiken aus B-Pictures der 50er und 60er Jahre, in ihrer "Exotik" nicht selten der fake-Haltung eines Martin Denny nahe.
Was die Jazzwelt an Frisell schätzt, wird ihr hier vorenthalten; es dürfte sich um eine der frühen Bemühungen eines Jazzmusikers um das Wohlwollen einer
iPod-gerichteten Rezeptionsweise handeln.
Von Hal Willner hat man Bedeutenderes gehört, von Bill Frisell
sowieso.

©Michael Rüsenberg, 2004, Nachdruck verboten