DIVR Live at Cully Jazz *******
01. Standing (divr), 02. In the Valley, 03. Made of Dreams, 04. Waiting For, 05. Echo's Answer (Broadcast)
Philipp Eden - p, Raphael Walser - b, Jonas Ruther - dr
rec. 22.04.2023
We Jazz Records
(first things first: es ist nichts als der reine Zufall, dass hier nacheinander zwei Alben rezensiert werden, die auf einem Festival am Genfer See entstanden sind, das hierzulande kaum jemand kennt - zumal sie auf sehr unterschiedlichen Labels erscheinen, diesmal in Finnland.)
Eines vorweg: dieses Album ist eine Prüfung.
Wer sich (s)einen Reim darauf machen, geschweige denn: es genießen will, braucht Ausdauer. Wir veranschlagen an die acht Minuten. Soviel will heute niemand mehr erübrigen, bis er wissen kann, woran er/sie ist.
Das Label dieses digital release hilft (zumindest im Pressetext) mit ein paar Referenzen: The Necks (joa, da kann man Verwandtschaft erkennen), Mal Waldron (vielleicht) sowie ein Lowell Davidson Trio (das wir nicht kennen).
Obendrein zitiert das Label einen Kritiker aus dem US-Magazin down beat, der sich über das Studioalbum „Is this Water“ (gleichfalls in 2023 entstanden) gar nicht mehr einkriegt: „It's absurd how good Swiss trio divr is at playing this music.“
Er meint eine Musik, die Spannung aus der Reibung zwischen loops und den Abweichungen davon bezieht. Das mag auf „Is this Water“ zutreffen. Aber hier kommt keinerlei Elektronik zum Einsatz, hier sind die Repetitionen von Hand gemacht, ebenso die Abweichungen davon (man könnte auch sagen die offbeats).
Hier, das ist der Weinkeller „Sweet Basil“ in Cully, einem Dorf am Nordufer des Genfer Sees, näher an Lausanne (im Westen) als an Montreux gelegen. Und jazzmäßig, in puncto Innovationen, (man weiß gar nicht, wie man das skalieren soll) jedenfalls sehr viel weiter voraus als der berühmte Bruder im Osten.
Das „Sweet Basil“ existiert nicht mehr. Aber der zweite von drei sets dieses Trios an jenem 22. April 2023 ist hier glücklicherweise festgehalten, vor einem „neugierigen, kleinen und tief versunken hörenden Publikum“ - „(it) felt truly magical“, wie die Musiker berichten.
Das dürfte der nun sicher größeren Zuhörerschaft im akusmatischen Modus (d.h. ohne die Klangquelle zu sehen) vermutlich nicht dermaßen zugänglich sein, aber mittels Neugier & Ausdauer sollte sich zumindest ein Erstaunen enstellen.
---wird fortgesetzt
erstellt: 29.12.25
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