GREG OSBY Public *****
1. Rising Sign (Osby), 2. Summertime (Gershwin), 3. Visitation (Osby), 4. Bernie´s Tune (Leiber, Miller, Stoller), 5. Equalatogram (Osby), 6. Shaw Nuff (Dizzy Gillespie, Charlie Parker), 7. Lover Man (Ramirez, Davis, Sherman)
Greg Osby - as, Nicholas Payton - tp, Megumi Yonezawa- p. Robert Hurst - b, Rodney Green - dr, Joan Osborne - voc
rec 21./22.1.2004
Blue Note 7243 5 97684 2 7; LC-Nr 0133
Greg Osby, der verehrte, gibt manchmal Rätsel auf. Da steht er mit Leuten herum, die nicht in seiner Liga spielen (Charlie Hunter), seine editorische Praxis ist unklar, und nun legt er zum wiederholten Male ein Album vor (nach "Banned in New York", 1998), dessen Aufnahmequalität anderen nicht mal als Demo genügte.
Man muss sich wundern, dass dieser Muff-Sound, der nicht die Qualität einer Touristen-Aufnahme übertrifft, von Blue Note auf den Markt geschickt wird.
Ja, aber musikalische Qualität, darauf kommt´s doch an, das wird´s doch wohl sein!
Mitnichten. "Public" weil im "Jazz Standard", New York City mitgeschnitten, steht wie ein Absacker neben Osby´s letzten Veröffentlichungen. Die Mannschaft ist - bis auf den Pianisten - identisch mit jener von "St. Louis Shoes". Der Pianist Megumi Yonezawa gibt durchweg eine vorzügliche Rolle. Osby und Payton, am wundert sich, kommen in "Summertime" nur zögerlich aus den Puschen, es dauert, bis sie die übliche Betriebstemperatur erreicht haben.
Bis es soweit ist, und das Ohr sich gerne an die Begleiter halten würde, wird von dort alles an hohen Frequenzen geschluckt, der langjährige Osby-Drummer Rodney Green scheint auf Omo-Eimern zu trommeln, seine Becken dringen kaum durch.
Anno 1953 hätte man eine solche Aufnahmequalität nicht bemängelt, aber 2004 ist das eine Unverschämtheit.
Fast alles abseits der beiden Solistenmikrophone geht z.B. in "Equalatogram" verloren. Auf "Inner Circle" (1999) ist das ein "freier Walzer" (den man freilich auch ganz anders hören kann), in welchem die Rhythmusgruppe (Tarus Mateen, Eric Harland) ein Höllenfeuer schürt - hier bleibt nur zu ahnen, was die Rhythmusgruppe macht: wir kleben an Osby´s Alt, das unverhältnismässig herausgehoben wird; allenfalls das Piano kann noch mithalten - und das ist, wenn man das Original danebenlegt, nicht mal die halbe Miete.
In "Shaw Nuff", das muss man einräumen, sind die beiden Bläser gut beisammen, das wirkt, als würden sie aus alten Schulaufsätzen vorlesen und ist - wenn auch keine blendende Standard-Bearbeitung - so doch zumindest solistisch brillant gemacht.
Der Absturz zum Schlusstrack "Lover Man" ist gewaltig, mit der Sängerin Joan Osborne geht´s wirklich in die 2. Liga. Die Combo hält sich an ein Nightclub-Kischee, das vor irgendwelchen "Aspekte“-Kameras bestehen mag, aber nicht vor halbwegs kritisch eingemessenen Ohren...die zudem noch die Diskographie des Bandleaders präsent haben.
©Michael Rüsenberg, 2004, Alle Rechte vorbehalten