COREA, CLARKE & WHITE Forever ****

CD 1
01. On Green Dolphin Street (Washington, Kaper), 02. Waltz for Debby (Bill Evans), 03. Bud Powell (Corea), 04. La Canción de Sofia (Stanley Clarke), 05. Windows (Corea), 06. Hackensack (Monk), 07. No Mystery (Corea), 08. Señor Mouse
CD 2
01. Captain Marvel (Corea), 02. Señor Mouse, 03. Crescent (John Coltrane), 04. Armando's Rhumba (Corea), 05. Renaissance, 06. High Wire--The Aerialist, 07. I Loves You Porgy (Gershwin), 08. After the Cosmic Rain (Stanley Clarke), 09. Space Circus (Corea), 10. 500 Miles High

Chick Corea - p (CD1, CD2#3-7, CD2#10), keyb (CD2#1-2, CD2#8-9), Stanley Clarke - b (CD1, CD2#1, CD2#4-7, CD2#10), bg (CD2#2, CD2#8-9), Lenny White - dr (CD1, CD2#1-3, CDF2#5-10), Bill Connors - g (CD2#2, CD2#7-9), Jean-Luc Ponty - v (CD2#4-5, CD2#7-9), Chaka Khan - voc (CD2#6-7)

rec CD 1 RTF Live Unplugged Tour 2009
rec CD 2 Hollywood Bowl 2009
Universal/Concord 0888072326279; LC 15025

Die nostalgische Attitüde ist verwandt, gegenüber der RTF-Wiedererweckungstournee 2008 aber haben die Herren Ballast abgeworfen: den vierten Mann, Al DiMeola, mochten sie nicht mehr (und umgekehrt gleichfalls, es soll Streit wegen der Soli gegeben haben).
CD 1 dokumentiert Ausschnitte der RTF Trio Tournee 2009 mit einem Programm, das im wesentlichen dem entspricht, was die Band 1973 in San Francisco, im „Keystone Corner“, gespielt haben soll, vor dem Hinzutreten von Bill Connors zu der dann ersten „elektrischen“ RTF-Formation.
Die Interpretationen sind brav & bieder, und hätte es nicht Chick Corea am Piano - man würde ihnen bestenfalls einen durchschnittlichen Standard attestieren. Der Personalstil Stanley Clarke´s ist in seinem Kontrabaß-Spiel nach wie vor präsent, aber jegliche Eleganz scheint gewichen, die Soli, gleich ob piccicato oder arco (gestrichen) ausgeführt, muten rau und ungeschliffen an, was man bitte nicht mit Wagemut oder Risiko verwechseln sollte.
cover-rtf-foreverDie Arbeit von Lenny White ist austauschbar. Als Rhythmusgruppe kommen Clarke & White über basale Formen der Interaktion nicht hinaus, die sophistication einiger ihrer Vorgänger/Nachfolger, beispielsweise John Patitucci & Dave Weckl, bleibt ihnen verschlossen.
Dafür ist der Bandleader gut dabei, Chick Corea verzichtet durchweg auf solistische Show-Einlagen, ihm gebührt mit Abstand die größte Aufmerksamkeit - auch wenn seine großen Momente gewiß nicht auf diesem Doppelalbum festgehalten sind.
Genau das ist - neben der schiefen Ebene der Interpretationsqualität der Beteiligten - die Crux dieses Doppelalbums: alles liegt andernorts in besseren Einspielungen vor, der Repertoirewert ist deshalb gering.
Der Eindruck wird auch nicht durch die Gäste korrigiert, die auf CD 2 bei den Proben zu einem Auftritt in der Hollywood Bowl mitgeschnitten worden sind. Bill Connors und RTF - das große Aha bleibt aus bei dieser Wiederbegegnung nach über 30 Jahren, Jean-Luc Ponty macht nichts falsch, am ehesten nervt Chaka Khan, die mit gepresstem Organ in ihre Einsätze mitunter hineingrätscht.
Wer über diese Produktion zum ersten Male Zutritt zur Welt von Chick Corea erlangt und dadurch auf die Orginale stößt - der hat das Beste noch vor sich. Für alle anderen ist´s nichts weiter als ein mattes dejavú.

erstellt: 04.05.11
©Michael Rüsenberg, 2011. Alle Rechte vorbehalten