JACQUES SCHWARZ-BART Abyss ****

01.Pan Ga To (Schwartz-Bart), 02. Abyss, 03. Dio Pann 04. Nubian, 05. Big Blue, 06. Mendé Chiraj, 07. André, 08. Simone, 09. Dio Charyé, 11. Motoyo, 11. After she left, 12. An Ba Mango La

Jacques Schwartz-Bart - ss, dts, fl, voc, perc; Elisabeth Kantomanou, Guy Conquete, Simone Schwartz-Bart - voc, Milan Milanovic - p, ep, Hervé Samb - g, bg, John Scofield - g (2), Reggie Washington - b, bg; Thierry Fanfant - b, bg; Sonny Troupé, Olivier Juste - perc, voc

rec. 02.2008
Universal/Emarcy 5308078 LC-Nr 00699

Bei seiner Eroberung des Globus ist der Jazz schon wieder ein Stückchen vorangekommen und hat einen bis dato weißen Flecken eingemeindet, die Karibik-Insel Guadeloupe. Wir können jetzt mitreden und von der Gwoka Musik raunen.
Jacques Schwarz-Bart, 1962 auf Guadeloupe geboren, hat zudem nicht gerade schlechte credits aufzuweisen: Ari Hoenig, Roy Hargrove, ein paar Pop-Acts, und schließlich lässt sich hier im Titelstück John Scofield für ein Solo herbei.
Die Musik seines vierten Albums besticht zunächst durch jene Prise Exotik, mit der sie sich von anderen latein-amerikanischen Projekten abhebt: vor allem durch den Verzicht auf Schlagzeug, stattdessen Perkussion und Rhythmen der
Gwoka-Tradition, die einen sanften, zugleich nachdrücklichen Groove produzieren, eingestreute Flamenco handclaps in "Abyss", ein Ska-verwandter afterbeat in "Dio Pann".
Nicht zuletzt ist ein M-Base-vertrauter Groove-Meister wie
Reggie Washington mit dem Zeitmaß in den tieferen Regionen betraut, jedenfalls überwiegend.
Das alles lässt sich gar nicht so übel an, vor allem wenn man nicht zu leise abhört. Früh freilich fällt auf, wie wenig unten und oben verzahnt sind, der Architektur aus durchaus wogenden Grooves und dem melodischen Überbau fehlen Verbindungsstränge. In den Thementeilen mag es noch angehen, aber improvisatorisch erreicht der Saxophonist Schwarz-Bart rasch seine Grenzen, er formuliert kurz-phrasig und beinahe ohne jeden Spannungsbogen.
In "Simone", seiner Mutter gewidmet, wird´s geradezu prekär, der Bandleader wirkt verloren in den verschiedenen Grooves des suiten-artigen Stückes, seine mangelndes solistisches Vorstellungsvermögen wird hier am deutlichsten. Er hat weder Kraft noch Phantasie, der Rhythmusgruppe zu trotzen, nämliches gilt für den Gitarristen und den Pianisten. Der Abstand zu Saxophonisten von Nachbarinseln, namentlich
Miguel Zenon oder David Sanchez, ist beträchtlich.
Gleichwohl hat die yellow press unserer kleinen Welt den Sohn eines französisch-jüdischen Vaters und einer schwarzen Mutter aus Guadeloupe ins Herz geschlossen. Ein Magazin hat ihn auf dem cover, in einem anderen sitzt einer vollends auf den Ohren und orakelt, Schwarz-Bart "formuliert als erster Musiker einen möglichen Jazz der Obama-Ära.“"
No, he can´t.


erstellt: 27.02.09

©Michael Rüsenberg, 2009, Alle Rechte vorbehalten