JEFF BECK Performing this Week - Live at Ronnie Scotts *********

01. Beck´s Bolero (Jimmy Page), 02. Eternity´s Breath (McLaughlin), 03. Stratus (Cobham), 04. Cause we´ve ended as Lovers (Stevie Wonder) 05. Behind the Veil (Hymas), 06. You never know (Jan Hammer), 07. Nadia (Sawthney), 08. Blast from the East (Hymas), 09. Led Boots (Middleton), 10. Angel Footsteps (Hymas, Beck), 11. Scatterbrain (Beck, Middleton), 12. Goodbye Pork Pie Hat/Brush with the Blues (Mingus/Beck, Hymas), 13. Space Boogie (Hymas, Simon Phillips), 14. Big Block (Beck, Bozzio, Hymas), 15. A Day in the Life (Lennon, McCartney), 16. Where were you (Beck, Bozzio, Hymas)

Jeff Beck
- g, Vinnie Colaiuta - dr, Jason Rebello - keyb, Tal Wilkenfeld - bg

rec 26.11.-01.12.2007
Eagle Records GAS0000396EAG; LC 12303

When I´m sixty four...der Mann ist in nämlichen Alters - und legt ein Album vor, das zu fesseln vermag, obwohl kaum Neues darauf sich befindet. Er wiederholt sich halt oft & gerne: fast alle Stücke dieses Albums liegen von ihm bereits vor, das älteste, "Beck´s Bolero", bereits seit 40 Jahren! - gleichwohl hat es nichts Museales. Denn obwohl er kein Jazzmusiker ist, pflegt er doch mit Hingabe dessen höchste Tugend - keine Note zweimal zu spielen. Dass er dabei immer wieder zu neuen Lesarten der gleichen Texte gelangt, gelingt ihm, weil er - wie die besten Jazzmusiker - ein Arsenal an Spieltechniken und Ideen zu einer eigenen Handschrift bündelt.
Jeff Beck hat die Ästhetik der elektrischen Gitarre genau so stark geprägt wie Jimi Hendrix (bloss dass das nicht so häufig kolportiert wird). Die Matrix aus Kabelverbindungen und Verstärkereinstellungen, der berühmte Jeff Beck Sound, dieses Wimmern, Schreien, Schreddern und Hacken, es hätte freilich so lange nicht vorgehalten ohne die eigene Phrasierung - nämlich die Art, wie er eine Linie rhyhthmisch-melodisch gestaltet. Im Gegensatz zu Jazzmusikern weicht Beck harmonischen Komplexitäten aus, aber im Einklang mit ihnen verfügt er über ein geradezu sagenhaftes timing. Wie & Wann er einen Ton setzt, mit welchem Klang - das macht einen Personalstil aus, der seinesgleichen sucht.
Obwohl sein Ziel seit mehr als 40 Jahren sich nicht wandelt - nämlich den schnellsten Weg zum nächsten
riff zu finden - überrascht der Weg dahin noch jedes Mal! Er ist nicht mit Notensalat übersäht, sondern - man verzeihe das Bild - mit Einschlägen an Stellen, die nur ein Pyromane zu setzen versteht. Dabei ist seine Musik wie immer hochgezüchtet, sie ist große Geste, ja Überrümpelung - und doch setzt man sich gern diesen Kraftakten aus.
Schon das erste, das älteste Stück der ganzen Produktion, "Beck´s Bolero", entfaltet einen Großteil dieses Kosmos´: die sägenden, gebeugten Gitarren-Noten, glissandi wie aus dem All, ein Power-Akkord, der die nächste "dreckige" Linie ankündigt.
Beck´s Faible für den Keyboard-Stil von
Jan Hammer ist bekannt, schließlich hat er mehrere Produktionen mit ihm gemacht. Aus dieser Zeit ist das pitch-bending bei Jason Rebello übriggeblieben - und eine Verehrung für eine Hymne von Billy Cobham aus dem Jahre 1973, "Stratus", bei der Hammer ebenfalls mitwirkt.
Das ist - dank
Tommy Bolin - im Original schon ein Gitarren-Drama, aber Beck setzt mit seinen Ringmodulator-getränkten licks noch eins oben drauf! Das klingt, als ginge er mit einer Phräse daran. Quasi als Einleitung dazu nimmt er sich ein Mahavishnu-Thema ("Eternity´s Breath") von 1974, als Jan Hammer der Combo schon nicht mehr angehörte.
Und
wie Jeff Beck das damalige Album von Billy Cobham kennt! Seinen eigenen "Space Boogie" (1980 mit Jan Hammer für "There And Back" eingespielt) geht er hier in einem Tempo an, als handele es sich um einen Verwandten von "Quadrant 4" aus dem nämlichen "Spectrum"-Album Cobhams von 1973. Rebello spielt ein sehr jazziges Piano-Solo, schnell wie auf der Flucht, bevor Jeff Beck ihn wiederum mit einem Power Akkord erlöst. Die allfällige Abkühlung folgt sogleich durch einen Shuffle in schleppendem Tempo ("Big Block", wie aus dem ãLive at B.B. King“-Album 2003) und der wohl größten feedback-Orgie des ganzen Albums, die Beck in einem mächtigen riff a la Led Zeppelin aufgehen lässt - und dann immer noch nicht Ruhe gibt und vor jazzigen Keyboard-Flächen einen ganzen Köcher voller riffs ausschüttet! Herrschaften, das könnte niemand mit Hendrix verwechseln.
"A Day in the Life" klingt völlig anders, viel subtiler und dynamischer als in der "B.B. King"-Aufnahme von 2003, im ersten und letzten Teil eine kleine
masterclass zum Thema "Ton-Beugungen", im Mittelteil das Anschwellen auf E-Dur in einem feedback-glissando aus dem Keller bis ins Dachgeschoss. Der Schlussakkord - verzögert. Stammt das Stück wirlich von Lennon & McCartney?
Und die Besetzung? Es ist leider nicht die Traum-Besetzung aus der England-Tournee 2004 (Jan Hammer - keyb, Michael Mondesir - bg, Mark Mondesir - dr), aber doch eine ganz ansprechende mit Drum-Routinier
Vinnie Colaiuta, einem Talent aus dem Aufbruch des britischen Jazz Anfang der 90er Jahre (Jason Rebello) sowie einer Bassistin aus Australien: Tal Wilkenfeld, die bis dato noch niemand auf dem Schirm hatte - außer Chick Corea, den sie auf einer Tournee durch ihren Heimat-Kontinent begleitet hat.
PS: siehe auch
DVD.

erstellt: 13.11.08

©Michael Rüsenberg, 2008 Alle Rechte vorbehalten