JOHN SCOFIELD this meets that *******

01. The low Road (Scofield), 02. Down D, 03. Strangeness in the Night, 04. Heck of a job, 05. Behind closed Doors (Gist), 06. House of the Rising Sun (trad), 07. Shoe Dog (Scofield), 08. Memorette, 09. Trio Blues, 10. Pretty out, 11. I can´t get no Satisfaction (Jagger, Richards)

John Scofield - g, Steve Swallow - bg, Bill Stewart - dr, Roger Rosenberg - bars, bcl; Lawrence Feldman - ts, fl; Jim Pugh - tb, John Swana - tp, flh; Bill Frisell - g (06)

rec. 09/2006, 04. + 05/2007
Universal/Emarcy 0602517340855; LC 00699

Der Titel des Albums ist irreführend, mindestens rätselhaft. Wie immer man "this meets that" auslegen mag - es kann kein Motto damit meint sein, das an den modischen Begegnungs-Diskurs anknüpfen möchte. Das erneute Treffen mit
Bill Frisell (erstmalig, wenn man nur die Scofield-Produktionen rechnet, bei "Grace under Pressure", 1991), noch dazu nur in einem Stück, ist auch nicht von titelgebender Bedeutung.
Ohnehin darf man hier nicht alles für bare Münze nehmen: der "Trio Blues" ist mitnichten einer, es ist zwar ein
Blues, aber mit dem kompletten Bläserquartett im Rücken. Vom Typus her handelt es sich um einen schnellen Jazz-Blues, wie man sich ihn auch gut mit begleitenden Orgel-Einwürfen vorstellen kann. Den part der Orgel übernehmen hier die Bläser, er ist prototypisch für die gesamte Produktion. Die Bläser sind eindeutig Begleiter, sie fächern Akkorde auf, setzen Farbakzente, keiner von ihnen hat jemals ein Solo.
Im Grunde ist "this meets that" eine etwas aufgebrezelte Produktion des Kerntrios. Und das ist keinesfalls von Nachteil, ganz im Gegenteil: selten klang eine Scofield-Aufnahme so wie aus einem Guß, so
unterhaltsam.
Die Platte kann im Hintergrund von A bis Z durchlaufen, und wer will kann sich sich an die Details heranzoomen - an die wie immer filigranen Texturen von
Bill Stewart, an seine "Rühr"-snare in den vielen New Orleans-Grooves oder an die delikaten Baßgitarren-Figuren von Steve Swallow.
Der Bandleader läßt hier und da seine verdrehten Klangfarben aufheulen (sogleich zum Auftakt in "The Low Road"), aber man täusche sich nicht - häufiger als sonst bedient er sich der
Oktatvtechnik im Sinne eines Wes Montgomery, ein weiteres Indiz für die elegante Konvention, die diese Produktion darstellt. Sie wartet nicht mit Neuem auf, sie konsolidiert, sie führt mit breiterem Pinselstrich "en Route", das Trio-Album von 2003, weiter.
Manches aus diesem Repertoire hat
John Scofield im letzten Jahr in anderer Besetzung (mit Chris Potter und Dennis Irwin) vorgeführt: bluesige, leicht funkige Capricen im Stile dieses Trios, mit Beat.
Die
rubato-Ballade "Pretty Out" hat er von "Grace under Pressure" aufgegriffen, "Behind closed Doors" dürfte im Original ein Country-Song sein, "I can´t get no Satisfaction" steht - per Zufall? - an letzter Stelle. Er hätte es weglassen können, die Rolling Stones eignen sich wenig für ein Jazz-Arrangement, jedwedes Jazz-Arrangement, wie man von Joachim Kühn bis Tim Ries und nun John Scofield weiß; jedenfalls eignen sie sich viel, viel weniger als die Beatles.
Und "House of the Rising Sun"? Wem die Quäkstimme von Eric Burdon den Spaß daran für alle Zeiten verdorben hat, der mag aufhorchen. Diese Fassung kommt ungeheuer leichtfüßig daher, mit federndem "binären" swing, wie ihn nur die Rhythmusgruppe Swallow/Stewart hinzuhauchen vermag. Das Thema spielt Frisell im rechten Kanal, Sco folgt mit dem ersten Solo links, dann Frisell solistisch und wieder mit dem Schlußthema.
Das zentrale Stück aber, sozusagen die Essenz des Albums, ist "Strangeness in the Night". Das Thema im A-Teil läuft über einen langsamen
New Orleans-Shuffle mit scharfen Akzenten, der B-Teil mit dem Gitarren-Solo als swing im doppelten Tempo, der gitarristische Baß von Steve Swallow führt in den A-Teil zurück - so einfach, so klar, tausend mal gehört. Und doch erfreut man sich einer so delikaten Ausführung.

erstellt: 11.10.07

©Michael Rüsenberg, 2007, alle Rechte vorbehalten