DAVE WECKL BAND Multiplicity ***

1. Watch your step (Weckl, Weingart), 2. Elements of Surprise (Weckl, Weingart, Meek), 3. Vuelo (Weingart), 4. Inner Vision (Weckl, Weingart, Meek), 5. What it is, 6. Chain Reaction (Weingart), 7. Cascade, 8. Mixed Bag (Weckl, Weingart, Meek), 9. Down on the Corner(Weckl, Weingart, Fierabracci)

Dave Weckl
- dr, perc, progr; Steve Weingart - keyb, Tom Kennedy, Ric Fierabracci - bg, Gary Meek - ss, ts. fl, bcl; Paul Pesco - g, Richie Gajate Garcia - perc

rec 01/2005
in-akustik/Strech Records SCD 9044-2

Vor vielen Jahren (die älteren Semester mögen sich erinnern) erfand das Satireblatt
pardon einen Art Baukasten, mit dessen Hilfe aus einem vergleichsweise kleinen Wortbestand immer neue Kombinationen von Titeln für die edition suhrkamp sich basteln lassen (für Jüngere: die bunten Bändchen in der Buchhandlung).
Vermutlich hat inzwischen ein Scherzkeks in Kalifornien einen Verbal-Algorithmus erfunden und diesen mit Erfolg
Dave Weckl untergejubelt, "einem der verehrtesten und ehrfurchtgebietendsten Schlagzeuger auf diesem Planeten, der immer wieder aufs Neue seine Hörer überrascht mit einer unvergleichlichen Kombination technischer Zaubereien und profundem musikalischen Künstlertum"....
Solche Pappsätzen, die sich jeder Hochseilartist verbittet, läßt Weckl auf dem Cover abdrucken, und vermutlich hat er demselben Wirrkopf auch die Kompositionstitel zur Überarbeitung gegeben.
Sie
lesen sich nicht nur wie aus einem neuen pardon-Baukasten, sie klingen auch, als stünde dahinter noch ein weiterer, ein musikalischer Bausatz.
Man schafft mit Mühe & Not, pflichtgemäss die neun Stücke dieses Albums durchzuhören. Man erlahmt schon auf halber Strecke an den ewig gleichen drum-intros und -fills, an dem Sandkasten-Vorrat von dürftigen Themen, die mit offbeat-Zirkus aufgebrezelt werden (wenn nicht sogleich, "Vuel", der Abfallkorb von
Chick Corea geplündert wird), an haarsträubend einfältigen Herumnudeleien, die offiziell als "Solo" bezeichnet werden müssen.
In jahrelangem, zähen Ringen hat sich in der Jazzcity eine liberale Ästhetik herausgebildet, die den schein-offenen Gegensatz von "guter" Musik versus "schlechter" Musik nicht mehr anerkennen will (weil sich dahinter allzu häufig doch die alten Hierarchien verbergen), sondern lieber von "gutgemachter" und "schlechtgemachter" Musik spricht.
Krisenfest, dachten wir, sei diese schöne Theorie, aber mit
Weckeleien wie hier gerät sie wirklich ins Wanken: "gutgemacht" ist diese Musik ohne Zweifel, und zwar in einem handwerklichen Sinne. Viele Konkurrenten dürften diese Strukturen bestenfalls bestaunen, aber niemals erreichen.
Aber, es handelt sich um verselbständigtes Musikhandwerk, ohne jede Leidenschaft, ohne schöpferische Gestaltungskraft. Mag sein, dass man damit auf der Frankfurter Musikmesse Eindruck schindet - bei einer auf künstlerische Gestaltung eingepegelten Hörerschaft nicht.

erstellt: 08.07.05

©Michael Rüsenberg, 2004, Nachdruck verboten