HARVEY MASON With all my Heart *******

1. Bernie´s Tune (Leiber, Miller, Stoller), 2. If I should loose you (Robin, Rainger), 3.
So near, so far (Victor Feldman), 4. Swamp Fire (Duke Ellington), 5. Smoke gets in your eyes (Harbach, Kern), 6. Hindsight (Cedar Walton), 7. Dindi (A.C. Jobim, Oliveira, Gilbert), 8. Without a song, 9. One morning in May, 10. Speak like a Child (Hancock), 11. Tess (John Beasley

Harvey Mason
- dr; Kenny Barron, Fred Hersch, Monty Alexander, Chick Corea, Bob James, Cedar Walton, Brad Mehldau, Mulgrew Miller, Dave Grusin, Herbie Hancock, Hank Jones - p; Ron Carter, Dave Carpenter, Eddie Gomez, Charnett Moffett, Charlie Haden, Larry Grenadier, Mike Valerio, George Mraz - b

rec ?/2003
BMG ARIS/Bluebird 82876-52741-2

"Harvey Mason ist wahrscheinlich der am häufigsten aufgenommene und einflussreichste Schlagzeuger/Perkussionist seines Genres." Schreibt
Nathan East, Bassist und Kollege von Mason aus dem Weichspüler Quartett Fourplay. Bloss - welches Genre könnte er gemeint haben? Mason, 57, kann einen voluminösen track record von George Shearing bis Madonna vorlegen. Die meisten von uns sind ihm wohl in einer Produktion von 1973 begegnet, dem ultra-einflussreichen Album "Headhunters" von Herbie Hancock. Einen Augenblick lang galt er, insbesondere dank seiner snare drum-Technik, als der Funk-Drummer. Davor und danach hatte er aber auch schon Jazz und Pop gespielt.
Nicht unähnlich
Steve Gadd ist Mason stilistisch nicht zu fassen, ein Unvisersalist, ein Allrounder mit perfektem timing und delikatem Sound.
Der Titel dieser Unternehmung sollte niemanden schrecken. Er indiziert mitnichten Smooth Jazz, sondern einen "Herzenswunsch", nämich ein Trio-Album mit wechselnden Besetzungen:
11 Trios, 11 Pianisten, 8 Bassisten (Ron Carter und Dave Carpenter sind mehrfach beteiligt).
Die grosse Überraschung liegt nicht im eleganten Klangbild (Harvey Mason gehört sicher auch zu den best-produzierten Schlagzeugern), sondern darin, dass Feinheiten, Unterschiede, Personalstile von 11 Arten, die 88 Tasten zu behandeln, hier nicht in einem Designer-Sound verschwimmen. Das Album ist nicht nur bestens produziert, sondern auch musikalisch ebenso konzipiert und vorbereitet.
Allein
Monty Alexander und Herbie Hancock unter einem Dach zu vereinen, einen Schmusekerl wie Bob James neben Charlie Haden zu stellen, das hat was - und das ist hier geglückt! Man hört ein Stück und muss sich anhand des booklets vergewissern, wirklich James oder Grusin zu hören, ein solches Improvisationstalent hätte man ihnen gar nicht (mehr) zugetraut.
Harvey Mason ergeht sich in klassischer Jazz-Konvention - und gleichwohl klingt das Album nicht danach. Es gibt sogar kleine Kunststückchen, wie beispielsweise "Dindi" von Antonio Carlos Jobim nicht in 4/4, sondern in
5/4 zu setzen. Mit seinem alten Boss Hancock hat er seit den Headhunters-Tagen nicht mehr gearbeit, aber unter seine Zuhörer sich gemischt, auf die Chance hoffend, ein "bisschen unverfälschten Bop mit ihm zu spielen."
"Speak like a Child" ist dafür gewiss kein Musterbeispiel, zumal hier Rhythmus und Harmonien geändert wurden. Aber man ahnt, was Mason meint, und es ist vorzüglich gelungen. Hancock hat eine Super-Performance, vielleicht die beste des ganzen Albums - aber das ist so sicher gar nicht zu entscheiden, die top names heben sich keineswegs so deutlich ab von den anderen. Es macht Vergnügen, Monty Alexander in "Swamp Fire" oder Brad Mehldau in "Dindi" zu hören, last not least Hank Jones, 86, den letzten Überlebenden der Jones-Dynastie, in "Tess" von John Beasley. Letzterer wird in den informativen liner notes ausführlich gewürdigt für seine Arbeit am Konzept dieses Albums. Zu hören ist er nicht, vermutlich reicht das Renommee seines Namens nicht an die hier Versammelten heran.
Sie sind Perlen eine Kette, die sich bestens en detail wie auch als Ganzes betrachten lässt, vulgo: ein wunderbar durchhörbares Album.


©Michael Rüsenberg, 2004, Alle Rechte vorbehalten