COLAIUTA/FORD/HASLIP Jing Chi 3D ****

COLAIUTA/FORD/HASLIP Jing Chi 3D ****

1. Colonel Panic (Robben Ford, Colaiuta), 2. Chi Town (Haslip, Ruiz), 3. Move on (Robben Ford), 4. Hidden Treasure (Colaiuta), 5. Time is a Magazine, 6. Mezzanine Blues (Haslip, Galuten), 7. Blues Alley (Ford), 8. It´s nobody´s fault but mine (Blind Willie Johnson), 9. Tangled up (Ford)

Vinnie Colaiuta
- dr, progr; Robben Ford - g, Jimmy Haslip - bg, progr, synth; Larry Goldings - org, Steve Tavaglione - ss, ewi, Robert Cray - g, voc; Judd Miller - evi, sound

rec. ?
Rough Trade/Mascot 394.7096.2; LC-Nr 03090

Liegt es an Rot-Grün (wie Laurenz Meyer uns nahelegen würde) oder an der Erderwärmung? Das
Power Trio jedenfalls ist auch nicht mehr das, was es einst war, zu Zeiten von West, Bruce & Laing, Cream, von mir aus auch PowerTools.
Dieses hier hat jedenfalls noch jedes Mal - und nun schon zum dritten - auf Gäste nicht verzichtet, die zusätzliche Harmoniefarben auftragen. Das war so übel nicht beim letzten Album, Live, wo die Wahl auf
Otmaro Ruiz fiel (wir kennen ihn aus der gegenwärtigen Band von John McLaughlin). Jetzt wird Larry Goldings mitgeschleift, in der Rolle eines Larry Young für Arme. Die Vermutung beim Hören, dass seine beiden Spuren in einem anderen Studio später aufgesetzt wurden, bestätigt sich mit Blick auf die discographischen Angaben.
Robert Cray hingegen macht eine gute Figur, sowohl als Sänger und Gitarrist, in einer Adaption von Blind Willie Johnsons Klassiker "Nobody´s Fault but mine". Das Stück lebt und groovt, obgleich es von Sequencer-Figuren aufgebrezelt wird.
Sie sind geradezu paradigmatisch für die Konzeption dieses Albums. Die Herren Colaiuta und Haslip sind nämlich diesmal schwer zu gange mit allerlei mächtigen Programmen, namentlich
Reason und Logic. Addiert man die Handreichungen von Tavaglione und Miller in etlichen tracks hinzu, so entsteht einer gläserner Käfig der Maschinen-Perfektion, der so recht nicht zur Bluesrock-Ästhetik der Kernmannschaft passen will.
Das Power Trio ist, technologisch gesehen, vollkommen
unmodern. Wie sein Jazz-Bruder, das Piano Trio, zieht sein Perfektionsanspruch niemals mit dem einer Maschine gleich. Es lebt von den hörbaren, niemals notierbaren Abweichungen. Kein Zufall also, dass das Kerntrio dort, wo es fast allein und von den Maschinentakten abgekoppelt ist (in "Blues Alley"), am überzeugendsten wirkt. "Blues Alley" nämlich ist ein "frei", also rubato gespielter Blues - der überfordert eines jeden Programmierhandwerk.
Die meisten anderen Soli sind so eingepasst in ein Geflecht aus programmierten Spuren, dass sie eher dem Ausfüllen vorgezeichneter Flächen in einem Malbuch gleichen denn spontaner Invention, zumal von einem Klasse-Gitarristen wie Robben Ford. Man hat ihn schon x-mal besser gehört.
Am besten findet sich
Vinnie Colaiuta in dem goldenen Käfig zurecht. Es fällt leicht, einen Langeweiler wie Steve Tavaglione zu überhören, wenn hinter ihm ein Colaiuta die Akzente verschiebt und andere Delikatessen bietet. Der Komponist Colaiuta spart er nicht mit versteckten Referenzen an seine Heroen: in "Hidden Treasure" ein Groove a la Tony Williams zu Zeiten von New Lifetime, in "Mezzanine Blues" ein Pathos-riff a la McLaughlin zu Zeiten von "Devotion".
Das alles freilich reicht nicht heran an den opinion leader im Sektor Power Rio, nämlich
Vital Techtones mit Scott Henderson, Victor Wooten & Steve Smith. Die lassen sich hoffentlich nicht vom Sequenzer-Wurm anstecken.

©Michael Rüsenberg, 2004, Nachdruck verboten