Die Monheim Triennale II kündigt sich an: The Festival.
Und es gehört wenig Prophetie zu der Annahme, dass sie zumindest medial im Schatten der Vorgängerin stehen wird: The Prequel.
Das dürfte weniger nachteilig sein, als es zunächst klingt, sind doch beide Events im Kern von demselben Personal geprägt. Nämlich jenen 16 signature artists, die 2024 zu „The Prequel“ eintrafen, zum gegenseitigen Kennenlernen; musikalisch in einer eher improvisatorischen Haltung.
Anfang Juli 2025 kehren sie zurück zur Hauptsache der Monheim Triennale II, „The Festival“, nun mit eigenen Projekten, in die auch Erfahrungen aus der „Werkstattausgabe“ 2024 einfließen sollen.
Am nachhaltigsten dürfte sich das in den „lokalen Kooperationen“ abbilden, einem weiteren Spezifikum dieses Festivals. Seit 2019 ist dazu vor Ort ganzjährig ein Artist in Residence präsent, der Bassist Achim Tang, der internationale Künstler in die lokale Musikwelt einbindet.
Deshalb saß bei der Programmpressekonferenz auch Edith Langgartner mit am Tisch, die Fachleiterin der Orchesterklasse an der Musikschule Monheim (an den Schulen der Stadt lernen 60 Prozent der SchülerInnen ein Instrument).
PK live in Monheim & New York City: Julia Úlehla, Edith Langgartner, Daniel Zimmermann, Reiner Michalke, yuniya edi kwon
Langgartner & Tang werden im Hauptprogramm, am 4. Juli auf dem Festivalschiff, die künstlerischen Schnittstellen sein zwischen den lokalen Kräften und z.B. der New Yorker Violinistin yuniya edi kwon. Das Stück, das sie für diesen Anlass komponiert hat (mit dem improvisations-ästhetisch wunderbaren Titel „dance until you know what is is“), ist Folge aus einer ersten Begegnung im vergangenen Jahr.
Erneut beteiligt daran der New Yorker Multiinstrumentalist Shazad Ismaily. Der einzige Künstler, der on & off stage über eine Art Dauerkarte verfügt, in kleinen oder größeren Rollen wuselt er seit den ersten Festivaltagen durch das Gelände der "tiny town".
Shazad kann die Ortsangabe „Monheim am Rhein“ inzwischen fehlerfrei und mit geradezu theatralischer Inbrunst aussprechen.
Das tut er in „Every note you play“, einer Doku über die letztjährige Triennale II („The Prequel“) von Mika Kaurismäki.
Der Trailer wurde auf der Pressekonferenz vorgestellt, er steht nun auch im Netz.
Der vollständige Film (82 Minuten) kommt im Sommer in Arthouse Kinos und wird im Herbst auf Arte ausgestrahlt. Er dürfte auf ganz eigene Art ein Bild der zeitgenössischen Musik zeigen, wie sie Festivalintendant Rainer Michalke in „brutaler Dichte“ für sein Festival reklamiert.
Das klappt seit 2020 ganz gut in der 43.000-Einwohnerstadt. Die Kooperation mit dem Bürgermeister der Stadt Monheim funktioniert wesentlich reibungsloser als die mit früheren Stadtspitzen in Michalkes jahrzehntelanger kuratorischer Tätigkeit (Stadtgarten Köln, Moers Festival).
Im September 2025 aber sind Kommunalwahlen in NRW. Daniel Zimmermann, immer noch erst 42 Jahre alt, kandidiert nach drei Legislaturen, nach 16 Jahren, nicht mehr für das Bürgermeisteramt. Ob sein jetziger Stellvertreter aus der gleichen Partei (Peto), Lucas Risse, gegen die parteilose Sonja Wienecke, aufgestellt von CDU, SPD, FDP und Grünen, obsiegen kann, ist ungewiß.
Immerhin bleibt Zimmermann der Lokalpolitik erhalten (und damit unter den Unterstützern), er kandidiert für einen Sitz im Stadtrat. Er verweist zudem auf den seinerzeit einstimmigen Ratsbeschluß pro Triennale. Freilich kann ein künftiger Stadtrat anders entscheiden; im schlimmsten Falle stünde der Intendant (dessen Vertrag bis 2029 läuft) ohne Etat da. Oder, um im aktuellen Bild zu bleiben, als Kapitän ohne Schiff.
Die MS Rheinfantasie, das Festivalschiff, ohnehin nur ein Ausweichquartier (allerdings optisch und akustisch gut geeignet), wird in diesem Jahr zum letzten Mal an Rheinkilometer 714 ankern. Die Triennale III, nach Monheimer Definition von „Triennale“ mithin 2026, würde mit anderen räumlichen Anforderungen starten, nämlich als The Sound, also im weitesten Sinne mit Klangkunst.
Jetzt aber kommen erst mal die 16 signature artists von Triennale II The Prequel zu Triennale II The Festival; erweitert um die von ihnen ausgewählten MitspielerInnen dürften es insgesamt über einhundert an den fünf Spielstätten des Festivals werden.
Solistisch oder genauer: solitär, wie im vergangenen Jahr, dürfte Terre Thaemlitz agieren. Formatsprengend auch, aber in einem eminent positiven Sinne, Peter Evans, ein Kernkünstler mehrerer Monheim-Jahre.
Der New Yorker Trompeter folgt mit einer Gegeneinladung aus der Triennale I der schwedischen Vokalistin Sofia Jenberg, dazu bringt er in einem Septett einen potenziellen Signature-Kandidaten mit, den Schlagzeuger Tyshawn Sorey.
Evans´ Projekt, das zur Referenz eine Bach-Kantate hat, ließ sich planerisch partout nicht in das strikte Monheim-Korsett von 40 Minuten einpassen. Also räumte man ihm am Folgetag ein „Part II“ ein.
Es wird dies wie etliche andere Projekte eine Weltpremiere sein; viele darunter audio-visuellen Charakters. Gar manche lesen sich in der Vorankündigung als geboren aus sehr individuellen Befindlichkeiten. Inwieweit diese darüber hinaus auch einen gesellschaftlichen Anspruch tragen und/oder gar große Kunst sind, wird die spannende Frage zwischen dem 2. und 6. Juli 2025 sein. In Monheim am Rhein.
Das vollständige Programm hier.
erstellt: 22.03.25
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