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Zwei Wochen nachdem der Deutschlandfunk Kultur seine Kompetenz in Jazzfragen unterspült, indem er „Fusion“ in seine Reihe „Irrtümer des Jazz“ aufnimmt, widmen sich im Stadtgarten Köln vier Musiker just dieser vermaledeiten Musik.
Human Feel 1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Es sind vier Amerikaner, deren Handeln aus Erfahrung ihrer Zuhörer eine Irrtumswahrscheinlichkeit von Null erwarten lässt.
Voran Kurt Rosenwinkel, der bei Human Feel (schrecklicher Bandname) einen Bassisten nicht vermissen lässt; sein Wechselspiel zwischen lines und Akkorden, nie um einen vamp verlegen, ist bestechend. Und wenn er sich setzt, um die „Tretminen“, die Effekgeräte vor seinen Füssen, besser anzusteuern, kommen irrisierende Klangflächen hinzu.
Dann legt der Drummer, Jim Black, die Sticks aus der Hand und tippt auf einem Pad, verbunden mit einem Apfel-Computer, Kombinationen, die ein tiefes Fundament legen, so tief, dass es an den Stühlen der Zuhörer rüttelt.
Und natürlich, in der Hauptsache, am drumset (mit etlichen verbeulten cymbals) hält der Wahlberliner (der doch noch überwiegend in New York lebt) keinen Takt so durch wie den voraufgehenden: das Erbe des FreeRock ist bei ihm in besten Händen.
Vorneweg die langgezogenen Linien, aber eben auch die konstrastrierenden staccati zweier Saxophonisten: Chris Speed (tenor), Andrew D´Angelo (alt).
Zu sagen, dass die vier mit Wollust ans Werk gehen, wäre untertrieben - sie rocken das Haus.
Es gibt keinen Grund, dieser herrlich rabiaten Performance das Etikett Jazzrock oder Fusion zu verweigern, bloß weil die Verbindungen zur McLaughlin-esken oder Cobham-schen oder auch Hammer-schen Ästhetik sich nicht mehr klingend aufdrängen. Und der Beat mitunter zerschreddert wird.
Der Grundgedanke und die Kraft seiner Umsetzung sind dieselben.
Ein Album ist in Arbeit, die drei Stücke auf Bandcamp zeigen nicht mal die halbe Miete.

erstellt: 29.11.17
©Michael Rüsenberg, 2017. Alle Rechte vorbehalten