bad bank, good bank - FAS

Das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), so gut es gestaltet ist, so brillant einige seiner Autoren (Nils Minkmar, Jürgen Kaube z.B.) - in puncto Jazz nimmt es immer mehr die Form einer bad bank unter den sogenannten Qualitätszeitungen an. Hier werden, in aller Öffentlichkeit freilich, toxische Papiere abgelegt. Papiere, denen Gase der Unkenntnis entweichen, wie sie auf den Feldern der Literatur- oder Film-Kritik nie und nimmer die redaktionellen FAS-Filter passiert hätten.
Beim Jazz aber herrscht das JeKaMi-Prinzip, jeder kann mitmachen. Da darf ein jeder Hänsel und eine jede Gretel (
Johanna Adjoran) herumpupsen.
Am Beispiel eines Abends in der "ehrwürdigen“"Berliner Jazz-Location Quasimodo will Hänsel (sein Name diesmal Malte Göbel) am 1.2.09 zeigen, "dass
Jazz heute nicht mehr lebensfähig ist". Begründung: "Was vor siebzig Jahren unkonventionell daherkam, wirkt heute manchmal nur noch altbacken und unoriginell."
Als klingendes Objekt dient ...
Helge Schneider, über den auch zu Hänsel Göbel die "Initiationslegende" durchgemüffelt ist, er sei als "talentierter, aber unbekannter Jazzer" daran gescheitert, dass das Publikum seine Zwischenmoderationen seiner Musik vorgezogen habe.
Nun also ein "ernsthafter Jazz-Abend", "mit den Altmeistern Charly Weiss am Schlagzeug und Reinhard Glöder am Bass" Fürwahr, das nennen auch wir eine
meisterliche Besetzung.
Bloß, es funktioniert nicht, der Abend "kippt um in eine Helge-Schneider-Show. Und das ist auch sehr gut so.(...) Die Fans wollen mehr Helge als Jazz."
Schneider kommt ihnen entgegen. Er macht allerlei Faxen, lässt ein Kind ans Klavier, "wirbelt Genres durcheinander, macht aus dem Cancan ein Harfenschlummerlied. Das ist nicht nur lustig, sondern auch musikalisch anspruchsvoll. Etwas Jazz, etwas Klamauk, etwas musikalisches Genie - die perfekte Mischung."
In puncto Jazz haben wir das FAS-Feuilleton abgeschrieben. Wir hoffen und zahlen (jetzt 2.90 Euro), dass es in puncto Film, Literatur, Essay eine
good bank bleibt.



©Michael Rüsenberg, 2009. Alle Rechte vorbehalten